zog's mich: ich musste sehen, wie mein Kind gehalten ist im
Thal und ueberraschen wollt' ich ihn, - deshalb wollt' ich nicht durchs
Thor ins Haus."
"Vater," sprach Rauthgundis zornig, "dergleichen soll man selbst im Traume
nicht denken. Dein Misstrauen -"
"Misstrauen! ich traue niemand als mir selbst. Und in dem Blitzschlag und
in dem Traumgesicht hat sich's mir deutlich gemeldet: dir droht ein
Unglueck! Weich' ihm aus! Nimm deinen Knaben und geh mit mir in die Berge!
Nur auf kurze Zeit. Glaub' mir, du wirst es bald wieder schoen finden in
der freien Luft, wo man ueber aller Herren Laender hinwegsieht."
"Ich soll meinen Mann verlassen? Niemals." - "Hat er nicht dich verlassen?
Ihm ist Hof und Koenigsdienst mehr als Weib und Kind. So lass ihm seinen
Willen."
"Vater," sprach jetzt Rauthgundis, seine Hand heftig fassend, "kein Wort
mehr! Hast du denn meine Mutter nicht geliebt, dass du so reden kannst von
Ehegatten? Mein Witichis ist mir alles, Luft und Licht des Lebens. Und er
liebt mich mit seiner ganzen treuen Seele. Und wir sind eins.
Und wenn er fuer recht haelt, fern von mir zu schaffen - zu wirken, so _ist_
es recht. Er fuehrt seines Volkes Sache. Und zwischen mich und ihn soll
kein Wort, kein Hauch, kein Schatte treten. Und auch ein Vater nicht."
Der Alte schwieg. Aber sein Misstrauen schwieg nicht. "Warum," hob er nach
einer Pause wieder an, "wenn er am Hof so wichtige Geschaefte hat, warum
nimmt er dich nicht mit? Schaemt er sich der Bauerntochter?" und zornig
stiess er seinen Stock auf die Erde.
"Der Zorn verwirrt dich! Du grollst, dass er mich vom Berg ins Thal der
Welschen gefuehrt - und grollst ebenso, weil er mich nicht nach Rom mitten
unter sie fuehrt!"
"Du sollst's auch nicht thun! Aber er soll's wollen. Er soll dich nicht
entbehren koennen. Aber des Koenigs Feldherr wird sich des Bauernkindes
schaemen."
Da, ehe Rauthgundis antworten konnte, sprengte ein Reiter an das jetzt
verschlossene Hofthor, vor dem sie eben standen. "Auf, aufgemacht!" rief
er, mit der Streitaxt an die Pfosten schlagend. - "Wer ist da draussen?"
fragte der Alte vorsichtig. - "Aufgemacht! solang laesst man einen
Koenigsboten nicht warten!"
"Es ist Wachis," sprach Rauthgundis, den schweren Riegelbalken im Ring
zurueckschiebend, "was bringt dich so ploetzlich zurueck?"
"Du bist es selbst, die mir oeffnet!" rief der treue Mann, "o Gruss und
Heil, Frau Koenigin der Goten! Der Herr ist zum Koenig des Volks gewaehlt.
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