ftigung der
Einwohner, die ein Ausschussmitglied beantwortete, denn der Vorsteher
unseres Marktes war ganz vernichtet und machte nur eine tiefe Verbeugung
nach der andern. Der Zug setzte sich wieder in Bewegung, Huete und Tuecher
wurden geschwenkt, stuermische Hochrufe ertoenten, und mir war's zumute, als
waere ein nachklingendes Maerchen zu Ende erzaehlt.
Ich hatte keinen Blick von dem Manne abgewandt, der mir ein koerperliches
Sinnbild deutscher Groesse war und nun fast greifbar nahe stand und genau so
aussah, wie ich ihn aus vielen Bildern kannte.
Das Verhalten des Herrn Buergermeisters bei diesem historischen Vorgange
wurde lange Zeit besprochen mit Behagen an dem Spasse, aber auch mit
Unwillen ueber den Mangel an gebuehrender Repraesentation. Wir hatten im Orte
Kaufherren, die sich staedtisch und weltgewandt fuehlten und immer der
Meinung waren, dass sich Prien zum Feineren entwickeln muesse, aber da war
eben die erste Bedingung, dass an der Spitze der Gemeinde ein Mann von
hoeherem Streben stand. Es war, wie man mit bedauerndem Achselzucken
feststellte, nicht moeglich, denn die Mehrheit liess sich nicht von hoeheren
Gesichtspunkten leiten.
Aber doch regte sich in jener behaglichen Zeit auch in diesem Winkel ein
reges Bildungsbeduerfnis, vielleicht noch mehr das Verlangen, gebildet zu
scheinen, ueber vieles zu reden und ueber veraltete Anschauungen erhaben zu
sein.
Wie sich das Reich ins Grosse reckte und streckte, ueberkam bei Wachstum und
Gedeihen den Kleinbuerger eine Ahnung von seiner Bedeutung und von der
Pflicht, sich ihrer wuerdig zu zeigen. Das fuehrte nicht zu einem
vertieften, wohl aber zu einem gespraechigen Interesse am geistigen Leben,
das vornehmlich durch Zeitungen angeregt und gestillt wurde.
[Illustration: Bismarck auf der Durchreise in Prien]
Zugleich fing man an, sich mehr Buecher zu kaufen, billige
Klassikerausgaben und daneben das Konversationslexikon, aus dem sich fuer
anzuschlagende Themata viel Stoff holen liess. In Prien gab es einen
Schreinermeister, dem es nicht darauf ankam, eines Abends Urteile ueber
Richelieu und seine Politik abzugeben und ein andermal gruendliche
Kenntnisse ueber chinesische Seidenraupen zu verraten.
Er stand in hohem Ansehen, bis auch andere seine Quellen entdeckten.
Aber es war doch schon etwas, dass sich eine Tafelrunde von Buergern
zusammenfand, die an bildungsfoerdernden Gespraechen Freude hatte, und meine
Mutter sah darin arglos ein Fortschrei
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