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ten der Welt zum Guten und Schoenen, ohne an das Konversationslexikon und an kleine Eitelkeiten der Redner zu denken. Sie sah es gerne, wenn ich an solchen Abenden am Tische sass, und indes sie unermuedlich strickend zuhoerte, mahnte sie mich mit Blicken, ja aufmerksam zu sein und von schlichten Buergern zu lernen, wie man sein Wissen bereichern muesse. Weniger befriedigt war sie, wenn die alte Viktor, die natuerlich bei diesen Bildungskonventikeln nicht fehlen durfte, durch Fragen, die ihr eigenes Interesse geschickt verrieten, das Gespraech belebte, denn darin bestand zwischen den herzensguten Frauen eine gruendliche Meinungsverschiedenheit, dass meine Mutter dem weiblichen Wesen nur ein aufnehmendes, Viktor aber ein moeglichst taetiges Verhalten zubilligte. Die Stricknadeln klapperten lauter, und Blicke richteten sich nach oben gegen die Decke, wenn die alte Viktor das Wort ergriff und nicht allzu schnell losliess. Grosses Ansehen erwarb sich damals ein Maurermeister, der nach Palaestina gereist war und nun an manchen Winterabenden seine Erlebnisse zum besten gab; dass er dabei einen roten Fes auf hatte und aus einem Tschibuk rauchte, uebermittelte den Eindruck einer orientalischen Welt. Bald wurde er aber durch meinen aeltesten Bruder in den Hintergrund gedraengt, denn der fuhr nach Australien, und seine brieflichen Reiseberichte, vorgelesen und erlaeutert von jenem bildungsreichen Schreinermeister, ueberstrahlten die Abenteuer eines Jerusalempilgers. Meine Mutter erlebte trotz allen Trennungsschmerzes, der in ihr wach blieb, doch manchen stolzen Augenblick, wenn sich in den frisch geschriebenen Briefen gesundes Urteil und tapferer Sinn offenbarten. Sie hat ihren Aeltesten, der ein zaertlicher Sohn und das Ebenbild des Vaters war, klug, ernsthaft und weit ueber seine Jahre maennlich, nicht mehr gesehen. Als er nach zwei Dezennien heimkehrte, lag sie schon lange auf dem stillen Friedhofe in Seebruck am Chiemsee. Die Priener, die literarische Neigungen hatten oder zeigten, fanden zuweilen Gelegenheit, einen beruehmten Vertreter des Schrifttums leibhaftig zu sehen. Ich erinnere mich wohl, wie der Schreinermeister aufgeregt in unsere Kueche kam und meine Mutter fragte, ob sie denn auch wisse, dass der Herr, der im Garten draussen Kaffee trinke, kein Geringerer sei, als der Volksdichter Hermann von Schmid, und wie meine Mutter dann respektvoll zu dem gefeierten Gaste trat und ihn fragte, ob er mit allem zufri
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