war.
Der Commerzienrath trug einen tadellosen schwarzen Anzug, eine Cravatte
von blendender Weisse. Er zeigte in seiner ganzen Erscheinung eine
strenge, vielleicht etwas gesuchte Einfachheit, welche nur durch einige
grosse Hemdknoepfe von prachtvollen Diamanten unterbrochen wurde, die er
sich nicht hatte versagen koennen. Im Knopfloch seines Fracks befand sich
ein unendlich kleines Miniaturkreuz des Ordens eines kleinen deutschen
Miniaturstaats; in seiner Hand mit den kurzen beweglichen Fingern, deren
Spitzen den weissen Handschuh nicht vollstaendig ausfuellten, hielt er eine
goldene Dose, deren er sich weniger zum eigenen Gebrauch als zur
Entamirung einer Conversation zu bedienen pflegte.
Waehrend er strahlend von liebenswuerdiger Hoeflichkeit in dem ersten Salon
seiner Wohnung Stellung nahm, befand sich die Frau Commerzienraethin mit
ihrer Tochter in einem Zimmer, das an die entgegengesetzte Seite des
Tanzsaals stiess, um dort die Begruessung der Gaeste zu empfangen.
Frau Commerzienraethin Cohnheim war eine grosse hagere Gestalt mit
ziemlich eckigen Bewegungen und einem Gesicht, dessen entschieden
juedischer Schnitt in ihrem gegenwaertigen Alter wenig Einnehmendes hatte.
Sie trug ein dunkelrothes Sammetkleid, ein reiches Collier von kostbaren
Edelsteinen, Diamanten im Haar und Diamanten an den Armspangen. Der
Blick ihrer grossen dunklen und stechenden Augen war kalt und fast starr,
und ihre etwas duennen, gewoehnlich fest zusammengeschlossenen Lippen
oeffneten sich je nach dem Range und der Stellung ihrer Gaeste zu einem
mehr oder weniger hoeflichen und verbindlichen Laecheln.
In ihrer ganzen Erscheinung durchaus von ihrer Mutter verschieden stand
ihre Tochter, ein junges Maedchen von achtzehn Jahren, neben ihr.
Fraeulein Cohnheim trug eine unendlich einfache Balltoilette von
zartestem weissem Stoff, mit kleinen, fast unbemerkbaren Silbersternen
uebersaeet; ihr Haar war mit frischen Maiblumen und Rosenknospen
geschmueckt. Sie trug keine Edelsteine, keinen Schmuck; und in der That
waren auch die einfachen natuerlichen Blumen der schoenste und passendste
Schmuck fuer diese so zarte Erscheinung, welche von dem idealen Schimmer
jener eigentuemlichen orientalischen Schoenheit ueberhaucht war, welche man
gewoehnlich mehr in den Schoepfungen der Kuenstler, als in der Wirklichkeit
findet. Der durchsichtige Teint des jungen Maedchen zeigte jenen
eigentuemlichen Schmelz, welcher auf der zarten Schale der im Sonnenlicht
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