ich beim
Souper von unserm Kreise zurueckgezogen, oder haben Sie--" fuegte sie, die
Augen niederschlagend, mit leicht zitternder Stimme hinzu, "mir irgend
Etwas uebel genommen?"
"Wie koennte ich das," erwiderte Herr von Buechenfeld, indem sein Blick
tief und innig auf dem Antlitz des jungen Maedchens ruhte, welches die
leichte Verwirrung, in der sie sich befand, nur noch schoener erscheinen
liess. "Aber Sie haben Recht," fuhr er seufzend fort, "ich bin
verstimmt--und mehr als verstimmt--ich bin traurig, ernsthaft
traurig--und fast wuenschte ich, garnicht nach Berlin gekommen zu sein."
"Und warum das?" fragte Fraeulein Cohnheim, ihre grossen Augen treuherzig
zu ihm aufschlagend. "Haben Sie hier keine Freunde, welche gern bereit
sind, an Ihrem Kummer Theil zu nehmen und Sie zu troesten. Ich wuesste
uebrigens nichts," fuhr sie in scherzendem Ton fort, "was Sie traurig
machen koennte."
"Wenn Sie es nicht wissen," sagte Herr von Buechenfeld, indem er ihr fest
und grade in die Augen sah, "so muss mich das eigentlich noch trauriger
machen. Ich bin hierher gekommen," fuhr er fort, "mit leichtem
froehlichen Herzen, voll Muth und Vertrauen auf die Zukunft, und wenn ich
von hier wieder fortgehe, so werde ich um viele Traeume, um viele
Hoffnungen aermer sein, die vielleicht besser niemals in mein Herz
eingezogen waeren."
Das junge Maedchen neigte erroethend den Kopf und schwieg einige
Augenblicke. Dann richtete sie sich mit einer raschen Bewegung wieder
hoch empor, blickte den jungen Mann voll und klar an und sprach mit
einer festen, aber zugleich weichen und dabei zaertlichen Stimme.
"Warum sollten Traeume, warum sollten Hoffnungen ungluecklich machen?
Wenn ein lieber Traum zur Wirklichkeit wird, wenn eine schoene Hoffnung
sich erfuellt, das ist ja das beste Glueck, das uns auf Erden zu Theil
werden kann."
Ein flammender Blitz zuckte aus den Augen des jungen Mannes.
"Diese Worte aus Ihrem Munde, Fraeulein Anna," sagte er mit lebhafter
Bewegung, "sollten mich uebergluecklich machen und dennoch--dennoch--"
fuhr er mit tief traurigem Tone fort, "kann ich an die Erfuellung meiner
Hoffnungen, an die schoene Wirklichkeit meiner Traeume nicht glauben."
Sie sah ihn fragend und fast vorwurfsvoll an.
"Fraeulein Anna," sprach er, wie einem schnellen Entschluss folgend, "es
muss klar werden durch die trueben Nebel, welche mein Herz bedruecken, denn
die schmerzlichste Klarheit ist immer noch besser als die dumpfe
Daemmerung
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