das ploetzlich herein, ins
eigene Leben, in die Familie! Die Mutter raffte sich auf: "Kinder, wir
muessen heimreisen so rasch wie moeglich!"--"Ja, Mutter, schnell,
schnell," rief Lisbeth aengstlich. "Die Brueder koennen ja gar nicht ins
Haus herein!" Karl war nicht so schnell gefasst. "Jetzt sollen wir schon
wieder abreisen? Einen einzigen Spaziergang haben wir erst gemacht!
Koennen wir nicht wenigstens morgen noch an den Schwarzsee? Kommt es denn
auf einen Tag an?"
Aber die Mutter antwortete darauf kaum. Sie fasste sich mit beiden Haenden
an den Kopf, alle Gedanken musste sie zusammennehmen. Sie holte den
Fahrplan, aber sie war kaum imstande, die kleinen Zahlen puenktlich
anzusehen. Krieg! Krieg! Das schreckliche Wort, das so aufdringlich
vorne in der Zeitung stand, raubte ihr die Besinnung. Sie konnte es noch
gar nicht fassen, dass sie so ahnungslos, so vergnuegt und gluecklich in
den Bergen herumgestiegen war, waehrend ein so grenzenloses Unglueck ueber
das Vaterland hereinbrach. Aber sie musste nun handeln, musste packen,
abreisen! Es war sechs Uhr abends; wenn sie den Wagen bestellte, der
sie von der Bahnstation hiehergebracht hatte, so konnte sie noch den
Nachtzug nach Muenchen erreichen. "Lisbeth, fange an einzupacken; wie es
kommt, nur schnell! Ich gehe mit Karl ins Wirtshaus, um den Wagen nach
der Bahn zu bestellen."
In der Dorfstrasse, an einem Scheunentor, war ein grosses Plakat
angeschlagen. "Sieh, Mutter," sagte Karl, "vom Kaiser von Oesterreich:
'An meine Voelker!' Das moechte ich lesen."--"So lies, ich gehe zum Wirt."
Der Wirt aber war mit den Pferden fort. Er hatte einen Leiterwagen voll
einberufener Burschen zur Station fahren muessen und konnte erst nachts
zurueckkommen. Andere Pferde gab's nicht--vor dem naechsten Morgen war
nichts zu machen. "Aber dann gewiss?" fragte Frau Lissmann. "Um wieviel
Uhr koennen wir wohl abfahren?" Die Wirtin konnte dies nicht sagen, sie
muesste erst mit ihrem Manne sprechen. Sie lasse dann durch einen Burschen
Bescheid sagen. "Um neun Uhr vielleicht."--"So spaet?"--Ja, die Pferde
muessten doch ausruhen und ihr Mann auch; der Knecht sei schon einberufen,
und ihre zwei Soehne, ihre einzigen Kinder, auch. Die Traenen traten ihr
in die Augen. Bekuemmert verliess Frau Lissmann das Haus.
Karl hatte inzwischen den Ausruf des Kaisers gelesen, mit der
begeisterten Aufforderung, in den Krieg zu ziehen, der dem Vaterland
aufgezwungen war. Und unter dem Ausruf war ein Telegramm
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