asser, keinen Schluck Milch fuer die kleinen, schreienden Kinder
konnten sie sich verschaffen, und wo sie Aufenthalt hatten, wurden sie
vom Poebel beschimpft, ohne dass es irgend einem Beamten eingefallen waere,
die Wehrlosen zu schuetzen.
Frau Kolmann graute vor dem Volk, das sich so gehaessig zeigte. So
Schweres sie jetzt schon erlebt hatte, sie bereute doch nicht, dass sie
Paris den Ruecken gewandt hatte. Ihre Kinder sollten nicht Franzosen
werden; fort, fort aus diesem Land, das unschuldige Menschen so grausam
behandelte!
Die bedauernswerten Reisenden wurden nicht einmal bis zur Grenze
gebracht. Zwei Stunden vor dem Grenzort mussten alle aussteigen und von
da an konnten sie selbst zusehen, wie sie mit Kindern und Gepaeck
vollends hinueber kaemen.
Aber mit dem Augenblick, wo sie endlich die Grenze erreicht hatten, trat
ihnen deutsche Herzensguete entgegen. Man hatte den Strom der
Vertriebenen erwartet und fuer die Nacht Unterkunft bereitet. Maenner und
Frauen, die das Zeichen des Roten Kreuzes auf ihren Armbinden trugen,
standen bereit, sie zu empfangen. Den todmueden Muettern wurden die Kinder
abgenommen und mit warmer Milch gelabt, fuer die Erwachsenen waren
Kessel voll Tee und Kaffee zur Stelle, und so viele der Ausgewiesenen es
auch waren, alle bekamen Obdach und Lager fuer die Nacht. Manche waren zu
Traenen geruehrt ueber diese unerwartete Hilfe, alle segneten ihr
wiedergewonnenes deutsches Vaterland!
* * * * *
Wochen waren seitdem vergangen. Die Familie Kolmann hatte in Strassburg
eine kleine Wohnung genommen. Jetzt waren sie noch beisammen, aber schon
in dieser Woche konnte Kolmann ausmarschieren muessen. Er brachte seine
Tage auf dem Exerzierplatz zu, nur in den Mittagspausen und abends war
er daheim. Unermuedlich waren in dieser Zeit seine Bemuehungen, durch
Anfragen bei Behoerden, durch Briefe und Zeitungen Erkundigungen ueber das
verlorene Kind einzuziehen. Bis jetzt war alles vergeblich gewesen.
Bahn, Post und Telegraph waren fast nur fuer das Militaer zu haben und
auch die Teilnahme der Beamten konnte man nicht so viel in Anspruch
nehmen. Schon waren grosse Schlachten geschlagen und viele Opfer
gefallen; lange Verlustlisten erschienen und in jeder derselben kam das
Wort "vermisst" vor. Wie konnte man verlangen, dass alle sich bemuehen
sollten, nach dem einen kleinen Vermissten zu forschen?
Das grosse Leid, das der Krieg so vielen auferlegte, wollte still und
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