r, wie es diese kleine Stadt vielleicht noch nie erlebt
hatte; zum Teil waren es Einberufene, zum groesseren Teil aber
Sommerfrischler, die alle des Krieges wegen heimreisen wollten. Mitten
in das Draengen und Druecken der Leute, die fuerchteten zu spaet zu kommen,
klang jetzt der Ruf eines Bahnbeamten: "Nichts zu eilen, der Zug hat
drei Stunden Verspaetung!"
Das war eine Nachricht! Allgemeiner Schrecken und Entruestung! "Nun, das
geht gut an! Ja, da erreicht man ja den Schnellzug nicht mehr! Ist das
ein Unfug, eine Ruecksichtslosigkeit!" Da erhob ein aelterer Herr mitten
im Gedraenge den Arm, man sah unwillkuerlich auf ihn und da das Murren
etwas verstummte, sprach er mit ernster Stimme: "Meine Herren, das ist
kein Unfug, das ist der Krieg. Wir werden noch ganz andere Dinge erleben
muessen als das!"
Da schwiegen die Leute und ergaben sich; holten sich ruhig nach
einander die Karten und suchten sich da und dort ein Plaetzchen zum
Ausruhen, eine Gelegenheit zur Staerkung, eine Zeitung mit neuen
Nachrichten. Sie zerstreuten sich, aber es zog sie doch alle bald wieder
an die Bahn. Jeder ahnte, dass es schwierig sein wuerde, im Zug Platz zu
bekommen. Auch Frau Lissmann stand bald wieder mit ihren Kindern im
dichten Gedraenge. In ihrer Naehe bemerkte sie die Gruppe der jungen
Leute, mit denen sie gefahren war, und es ueberkam sie das Verlangen,
diesen ins Feld ziehenden Burschen noch eine Freundlichkeit zu erweisen.
Welch' schweren Zeiten mochten sie entgegen gehen! Ihr junges, gesunden
Leben mussten sie einsetzen fuers Vaterland. Haette sie doch frueher daran
gedacht, wenigstens ein paar Zigarren zu kaufen! Sie sagte es den
Kindern. Die nahmen den Gedanken eifrig auf.
"Mutter, es dauert ja noch eine Viertelstunde, wir haben noch Zeit!
Draussen, am Obststand, waren auch Zigarren zu kaufen!" Sie draengten,
baten um das Geld, wollten durchaus noch einkaufen. Da gab die Mutter
nach. Es war schwierig, gegen den Strom der Menschen nach rueckwaerts zu
draengen. Mit Muehe schoben sie sich durch und erwarben die Zigarren. Aber
dann gelang es ihnen nicht mehr, ihren frueheren Platz in der Naehe der
Burschen zu erobern; andere hatten sich vorgedraengt.
"Allein kaeme ich schon durch," versicherte Karl.
"So nimm die Zigarren, gib sie ab und sage einen Gruss; wir wuenschten
ihnen von Herzen Glueck in den Krieg!" Der Knabe schlaengelte sich
geschickt zwischen den Leuten zu den Burschen hindurch. Die Mutter sah
von ferne, wie sie
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