pfer getragen sein. Auch Frau Kolmann trug ihren Schmerz im
verborgenen; sie wollte ihrem Mann, der nun bald in den Krieg ziehen
sollte, das Herz nicht schwer machen. Vielleicht kam er nicht wieder aus
dem grossen Kampf, dem kein Ende abzusehen war; fuer die kurze Zeit, die
sie ihn noch bei sich haben durfte, wollte sie ihm die kleine
Haeuslichkeit behaglich machen, die ihr doch selbst so gering vorkam,
nach den glaenzenden Pariser Verhaeltnissen. Sie waren gluecklich,
beisammen zu sein, aber im stillen fuerchteten sie beide den Tag, an dem
sie sich trennen sollten, und wenn sie daran dachten, wie Unzaehligen
derselbe Abschied bevorstand, so fuehlten sie, dass es ihnen schwerer
wurde als anderen, weil der Schmerz um das verlorene Kind sie so tief
bedrueckte.
Eines Abends sassen sie in Gedanken verloren, Hand in Hand. Die Kinder
schliefen, es war stille im Haus. Die Hausglocke stoerte die Stille. "Wer
kommt so spaet noch?" Herr Kolmann ging zu oeffnen. Ein Brieftraeger stand
aussen. "Der Herr Postmeister schickt Ihnen ein Zeitungsblatt, er meint,
es koennte Sie interessieren; die Stelle ist angestrichen." Der Bote
ging.
"Gewiss eine erfreuliche Kriegsnachricht," sagte Kolmann, indem er sich
wieder zu seiner Frau setzte. Nein; der angestrichene Satz lautete: "Auf
Ersuchen aus unserem Leserkreis sind wir gerne bereit, in unserem Blatt
eine Liste solcher Familienglieder aufzunehmen, die durch die
Kriegswirren--namentlich in Ostpreussen und im Elsass--von ihren
Angehoerigen getrennt wurden, und zugleich die Adressen derer, die nach
solchen suchen."
Es folgte eine Liste. Sie begann:
"Berta Schwarz, Lehrerin aus Lyck, gesucht von Frau Elise Schwarz
in Berlin, Passauerstrasse 6."
"Ernst und Max Gullasch, 12 und 14 Jahre alt, gesucht von Lehrer
Gullasch in Heinrichswalde."
"Familie Schneider, gesucht von Anna Schneider in Altkirch im
Elsass."
"Administrator Bajohr mit 40 Familien aus Milluhnen, gesucht von
Grau Donalus, Fasanenstrasse."
"Dienstmaedchen Ida Kern, gesucht von Dr. Mayer in Muehlhausen im
Elsass."
So ging das weiter, eng gedruckt, eine lange Spalte.
"Ja," sagte Herr Kolmann, indem er die Liste ueberflog, "an diese Zeitung
wollen wir uns wenden, ich werde gleich schreiben." Er stand auf, das
Schreibzeug zu holen.
Im selben Augenblick stiess seine Frau einen Schrei aus: "Liebster, hoere
nur: 'Bankier Kolmann und Frau gesucht von ihrem Sohn Paul in Ulm,
Walfischgasse 3, be
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