ich. Die Kaiserin, die Kronprinzessin und die Prinzessin
Eitel Friedrich sassen in der Hofloge. Das war, glaube ich, alles nicht
viel anders, als es jedesmal bei der Eroeffnung des Reichstags ist. Aber
das war dann anders, und der Vater sagt, das mahnte gleich so ernst an
den Krieg, dass der Kaiser in der grauen, feldmarschmaessigen Uniform
erschien und auch der Kronprinz und die fuenf andern Prinzen, alle in
Felduniform. Der Kaiser schritt die Stufen des Thrones hinauf, bedeckte
sein Haupt mit dem Helm und las die Thronrede, laut, mit tief bewegter
Stimme. Er rief die Welt zum Zeugen auf, dass wir durch Jahrzehnte
unermuedlich bestrebt waren, den Frieden zu erhalten und dass nur mit
schwerem Herzen der Befehl zu mobilisieren ergangen sei. Dann sprach er
von unserer Bundestreue gegen Oesterreich und von der Feindschaft im
Osten und Westen, und der Vater sagt, man fuehlte bei dem begeisterten,
stuermischen Beifall, wie sehr er all den Anwesenden aus dem Herzen kam.
Am Schluss bat der Kaiser, der Reichstag moechte doch einmuetig und schnell
die noetigen Beschluesse fassen.
Nach dem Vorlesen der Thronrede geschah etwas ganz Ungewoehnliches: der
Kaiser sprach noch frei einige persoenliche Worte. Davon habe ich mir das
gemerkt, was mir besonders gut gefiel, er sagte: "Ich kenne keine
Parteien mehr, ich kenne nur Deutsche." Und dann bat er die Vorstaende
der Parteien, ihm in die Hand zu geloben, dass sie mit ihm durch dick und
duenn, durch Not und Tod zusammen halten wollten.
Da traten die Praesidenten und die Parteivorstaende, zu denen ja auch der
Vater gehoert, vor, und gelobten es durch Haendedruck. Ich weiss nicht, ob
der Vater dadurch dem Kaiser noch treuer gesinnt ist, als er schon
vorher war, aber ich bin's, das kann ich fuer ganz gewiss sagen.
Und ich begreife so gut, dass alle Anwesenden nach dem "Hoch" auf den
Kaiser, das sonst immer das letzte war, diesmal die Nationalhymne
angestimmt haben und alle mitsangen. Ich moechte nur gerne wissen, wer
den ersten Ton angestimmt hat, aber der Vater weiss es nicht; er sagt,
man hatte den Eindruck, als haetten es alle zugleich getan.
Die Sozialdemokraten waren ja bei dieser ganzen Feier nicht dabei; das
ist schade; aber spaeter waren sie sehr nett, das kommt nachher. Vorher
muss ich noch was Lustiges erzaehlen.
Als naemlich die Feierlichkeit vorbei war und die Hymne gesungen, verliess
der Kaiser den Saal. Im Vorbeigehen gab er noch einigen der Herrn, wie
z.B. dem Reic
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