machen konnte.
Im Gegenteil, es war einem die Meinung anerzogen, als stuenden wir arg im
Schatten neben dem grossen Geschehen und Emporbluehen anderswo.
Wir hatten kein Fehrbellin, kein Rossbach, Leuthen und Belle-Alliance;
unser Schlachtenruhm konnte einem warmherzigen Jungen wohl anfechtbar
erscheinen, wenn er auf seiten der Feinde Deutschlands errungen war.
Dass es anderes gab, was uns auf die Heimat stolz machen durfte, davon
erfuhr der Gymnasiast wenig oder nichts.
Die Pflicht zu meiner Erziehung nahm Onkel Wilhelm wie etwas
Selbstverstaendliches oder seinem militaerischen Charakter Zukommendes auf
sich, und meine Mutter, die sich vom soldatischen Wesen die besten Erfolge
versprechen mochte, war damit sehr einverstanden. Ich glaube nicht, dass
der Herr Postsekretaer eifersuechtig oder gekraenkt war, aber er zeigte
zuweilen mit Zitaten aus Klassikern, dass seine Kenntnisse solider waren
als die "des Soldatenschaedels".
Der Oberleutnant wiederum wollte den Schein wahren, als ob er alle Gebiete
des Wissens beherrschte, und liess im Gespraeche mit seinem Schwager
Bemerkungen ueber Unterrichtsgegenstaende fallen, die sein Vertrautsein mit
ihnen beweisen sollten.
Das fuehrte bloss dazu, dass Onkel Joseph heimlich die Augen rollte und
hinterm Masskrug die Zunge herausstreckte, wenn der Krieger, der nach
einigen Jahren Lateinschule Regimentskadett geworden war, bedenkliche
Bloessen zeigte.
Mein Onkel Wilhelm war das Urbild des altbayrischen Offiziers von Anno
dazumal, als es noch keinen preussischen Einschlag gab.
Ritterlich und ehrenhaft, bescheiden nach den recht kleinen Verhaeltnissen
lebend, aber doch gesellig und ganz und gar nicht auf Kasinoton gestimmt,
rauhschalig und stets bemueht, die angeborene Gutmuetigkeit hinter Derbheit
zu verstecken, freimuetig und nicht gerade sehr ehrgeizig. Dazu mit einem
wachen Sinn fuer gutes Essen und gutes Bier begabt, natuerlich ein
leidenschaftlicher Vorkaempfer des Altbayerntums gegen fraenkische und
pfaelzische Fadessen und Anmassungen. Wenn der dicke Bader Maier aus der
Zweibrueckenstrasse kam, um meinen Onkel zu rasieren, hoerte ich vieles, was
mir ein Bild von der alten Zeit gab.
Die beiden duzten sich, da sie, der eine als Korporal und Feldwebel, der
andere als Kadett im gleichen Regiment gedient hatten. Da gab es
Erinnerungen an Erlebnisse und an alte Kameraden, von denen manche etliche
Sprossen hoeher auf der militaerischen Leiter gestiegen waren, da g
|