bens, da erkennt man, wie nichtig diese Klassenunterschiede sind. Und
nun moechte ich euch fragen: wollt ihr nicht das in dieser Kriegszeit
beweisen, dass wir Deutsche alle Brueder sind, alle zusammen gehoeren,
reich und arm, vornehm und gering, Lateinschueler und Volksschueler! Unser
Kaiser hat gesagt: 'Nun kenne ich keine Parteien mehr, ich kenne nur
noch Deutsche.' Wollt ihr sagen: 'Wir kennen keinen Klassenunterschied
mehr, nur deutsche Kameraden?'"
"Ja, bei Gott, das wollen wir." Helmut, der Offizierssohn, hatte das
gerufen, und das "ja" ging durch die ganze Klasse.
Am Abend dieses ersten Schultags suchte Professor Jahn den
Volksschullehrer auf, dessen Klassenzimmer dem seinigen gegenueber lag.
Er sprach mit diesem Lehrer, der schon ein aelterer, erfahrener Mann und
Oberlehrer der Volkschule war. Die beiden Herren verstanden sich gut. Am
naechsten Morgen, vor der Pause, redete der Oberlehrer seine Volksschueler
an: "Haltet Frieden mit den Lateinschuelern, die alberne Feindschaft
verbitte ich mir. Wenn draussen Krieg ist, muss im Land Frieden sein, auch
unter den Buben. Verstanden?"
Einer gab Antwort: "Die wollen gar nichts von uns, die sind
hochmuetig."--"Ja manche, aber nicht alle; und ihr seid neidisch--auch
nur manche, nicht alle. Da tut mir die Wahl weh, was schlimmer ist. Aber
den Hochmuetigen vergeht der Hochmut im Krieg und den Neidischen der
Neid; weil sie alle zusammen _eine_ grosse Aufgabe haben und nur _einen_
Wunsch: dass wir siegen. Siegen koennen wir nur, wenn wir alle einig
sind. Und siegen muessen wir doch oder nicht?"--"Ja, ja!" das kam allen
aus dem Herzen.
Um zehn Uhr, waehrend der Pause, kam die ganze Klasse von Professor Jahn
auf den Vorplatz, in dem sich schon die Volksschueler des gegenueber
liegenden Zimmers aufhielten. Heute kam auch der Oberlehrer und
Professor Jahn dazu. Die beiden Herrn traten am Ende des geraeumigen
Ganges zusammen und standen schon eine Weile plaudernd unter dem
Fenster. Nun kamen sie zu den Knaben, die zwar friedlich, aber doch
fremd einander gegenueberstanden. Der Oberlehrer redete sie an:
"Wahrscheinlich sind an der Post wieder neue Telegramme angeschlagen.
Herr Professor Jahn und ich wollen jeden Tag um zehn Uhr zwei von euch
abschicken, dass sie nachschauen und dann berichten." Darauf erfolgte ein
grosses Hallo, natuerlich waeren am liebsten alle davon gesprungen,
Volksschueler und Lateinschueler, die einen so gut wie die andern.
"Herr Professor, schicke
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