oerlich in ihr: und vielleicht, dass sie in diesem quaelenden Zustande
mehr zu beklagen war, als Essex selbst. Sie unterzeichnete und widerrufte
den Befehl zu seiner Hinrichtung einmal ueber das andere; itzt war sie
fast entschlossen, ihn dem Tode zu ueberliefern; den Augenblick darauf
erwachte ihre Zaertlichkeit aufs neue, und er sollte leben. Die Feinde des
Grafen liessen sie nicht aus den Augen; sie stellten ihr vor, dass er
selbst den Tod wuensche, dass er selbst erklaeret habe, wie sie doch anders
keine Ruhe vor ihm haben wuerde. Wahrscheinlicherweise tat diese Aeusserung
von Reue und Achtung fuer die Sicherheit der Koenigin, die der Graf sonach
lieber durch seinen Tod befestigen wollte, eine ganz andere Wirkung, als
sich seine Feinde davon versprochen hatten. Sie fachte das Feuer einer
alten Leidenschaft, die sie so lange fuer den ungluecklichen Gefangnen
genaehret hatte, wieder an. Was aber dennoch ihr Herz gegen ihn verhaertete,
war die vermeintliche Halsstarrigkeit, durchaus nicht um Gnade zu bitten.
Sie versahe sich dieses Schrittes von ihm alle Stunden, und nur aus
Verdruss, dass er nicht erfolgen wollte, liess sie dem Rechte endlich seinen
Lauf."
Warum sollte Elisabeth nicht noch in ihrem achtundsechzigsten Jahre
geliebt haben, sie, die sich so gern lieben liess? Sie, der es so sehr
schmeichelte, wenn man ihre Schoenheit ruehmte? Sie, die es so wohl
aufnahm, wenn man ihre Kette zu tragen schien? Die Welt muss in diesem
Stuecke keine eitlere Frau jemals gesehen haben. Ihre Hoeflinge stellten
sich daher alle in sie verliebt und bedienten sich gegen Ihro Majestaet,
mit allem Anscheine des Ernstes, des Stils der laecherlichsten Galanterie.
Als Raleigh in Ungnade fiel, schrieb er an seinen Freund Cecil einen
Brief, ohne Zweifel damit er ihn weisen sollte, in welchem ihm die
Koenigin eine Venus, eine Diane, und ich weiss nicht was, war. Gleichwohl
war diese Goettin damals schon sechzig Jahr alt. Fuenf Jahr darauf fuehrte
Heinrich Union, ihr Abgesandter in Frankreich, die naemliche Sprache mit
ihr. Kurz, Corneille ist hinlaenglich berechtiget gewesen, ihr alle die
verliebte Schwachheit beizulegen, durch die er das zaertliche Weib mit der
stolzen Koenigin in einen so interessanten Streit bringet.
Ebensowenig hat er den Charakter des Essex verstellet oder verfaelschet.
"Essex", sagt Voltaire, "war der Held gar nicht, zu dem ihn Corneille
macht: er hat nie etwas Merkwuerdiges getan." Aber wenn er es nicht war,
so gl
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