ch ist das Hysteronproteron, in welches er mit der
Ohrfeige verfaellt, die die Koenigin dem Essex gab. Es ist falsch, dass er
sie nach seiner ungluecklichen Expedition in Irland bekam; er hatte sie
lange vorher bekommen; und es ist so wenig wahr, dass er damals den Zorn
der Koenigin durch die geringste Erniedrigung zu besaenftigen gesucht, dass
er vielmehr auf die lebhafteste und edelste Art muendlich und schriftlich
seine Empfindlichkeit darueber ausliess. Er tat zu seiner Begnadigung auch
nicht wieder den ersten Schritt; die Koenigin musste ihn tun.
Aber was geht mich hier die historische Unwissenheit des Herrn von
Voltaire an? Ebensowenig als ihn die historische Unwissenheit des
Corneille haette angehen sollen. Und eigentlich will ich mich auch nur
dieser gegen ihn annehmen.
Die ganze Tragoedie des Corneille sei ein Roman: wenn er ruehrend ist, wird
er dadurch weniger ruehrend, weil der Dichter sich wahrer Namen bedienet hat?
Weswegen waehlt der tragische Dichter wahre Namen? Nimmt er seine Charaktere
aus diesen Namen; oder nimmt er diese Namen, weil die Charaktere, welche
ihnen die Geschichte beilegt, mit den Charakteren, die er in Handlung zu
zeigen sich vorgenommen, mehr oder weniger Gleichheit haben? Ich rede
nicht von der Art, wie die meisten Trauerspiele vielleicht entstanden
sind, sondern wie sie eigentlich entstehen sollten. Oder, mich mit der
gewoehnlichen Praxi der Dichter uebereinstimmender auszudruecken: sind es
die blossen Fakta, die Umstaende der Zeit und des Ortes, oder sind es die
Charaktere der Personen, durch welche die Fakta wirklich geworden, warum
der Dichter lieber diese als eine andere Begebenheit waehlet? Wenn es die
Charaktere sind, so ist die Frage gleich entschieden, wie weit der
Dichter von der historischen Wahrheit abgehen koenne? In allem, was die
Charaktere nicht betrifft, soweit er will. Nur die Charaktere sind ihm
heilig; diese zu verstaerken, diese in ihrem besten Lichte zu zeigen, ist
alles, was er von dem Seinigen dabei hinzutun darf; die geringste
wesentliche Veraenderung wuerde die Ursache aufheben, warum sie diese und
nicht andere Namen fuehren; und nichts ist anstoessiger, als wovon wir uns
keine Ursache geben koennen.
----Fussnote
[1] "Le Chateau d'Otrante", Pref. p. XIV.
----Fussnote
Vierundzwanzigstes Stueck
Den 21. Julius 1767
Wenn der Charakter der Elisabeth des Corneille das poetische Ideal von
dem wahren Charakter ist, den die Geschichte der Koen
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