beste Musik ein eitler Sandhaufen, der keines
dauerhaften Eindruckes faehig ist; nur der Zusammenhang macht sie zu einem
festen Marmor, an dem sich die Hand des Kuenstlers verewigen kann.
Der Satz nach dem ersten Akte sucht also lediglich die Besorgnisse der
"Semiramis" zu unterhalten, denen der Dichter diesen Akt gewidmet hat;
Besorgnisse, die noch mit einiger Hoffnung vermischt sind; ein Andante
mesto, bloss mit gedaempften Violinen und Bratsche.
In dem zweiten Akt spielt Assur eine zu wichtige Rolle, als dass er nicht
den Ausdruck der darauffolgenden Musik bestimmen sollte. Ein Allegro
assai aus dem G-dur mit Waldhoernern, durch Floeten und Hoboen, auch den
Grundbass mitspielende Fagotte verstaerkt, drueckt den durch Zweifel und
Furcht unterbrochenen, aber immer noch sich wieder erholenden Stolz
dieses treulosen und herrschsuechtigen Ministers aus.
In dem dritten Akte erscheint das Gespenst. Ich habe, bei Gelegenheit der
ersten Vorstellung, bereits angemerkt, wie wenig Eindruck Voltaire diese
Erscheinung auf die Anwesenden machen laesst. Aber der Tonkuenstler hat
sich, wie billig, daran nicht gekehrt; er holt es nach, was der Dichter
unterlassen hat, und ein Allegro aus dem E-moll, mit der naemlichen
Instrumentenbesetzung des Vorhergehenden, nur dass E-Hoerner mit G-Hoernern
verschiedentlich abwechseln, schildert kein stummes und traeges Erstaunen,
sondern die wahre wilde Bestuerzung, welche eine dergleichen Erscheinung
unter dem Volke verursachen muss.
Die Beaengstigung der Semiramis im vierten Aufzuge erweckt unser Mitleid;
wir bedauern die Reuende, so schuldig wir auch die Verbrecherin wissen.
Bedauern und Mitleid laesst also auch die Musik ertoenen; in einem Larghetto
aus dem A-moll, mit gedaempften Violinen und Bratsche und einer
konzertierenden Hoboe.
Endlich folget auch auf den fuenften Akt nur ein einziger Satz, ein
Adagio, aus dem E-dur, naechst den Violinen und der Bratsche, mit Hoernern,
mit verstaerkenden Hoboen und Floeten und mit Fagotten, die mit dem
Grundbasse gehen. Der Ausdruck ist den Personen des Trauerspiels
angemessene und ins Erhabene gezogene Betruebnis, mit einiger Ruecksicht,
wie mich deucht, auf die vier letzten Zeilen, in welchen die Wahrheit
ihre warnende Stimme gegen die Grossen der Erde ebenso wuerdig als
maechtig erhebt.
Die Absichten eines Tonkuenstlers merken, heisst ihm zugestehen, dass er sie
erreicht hat. Sein Werk soll kein Raetsel sein, dessen Deutung ebenso
muehsam
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