rt sei, oder deren kindlicher
Eifer doch, wenn er unter Eltern waehlen muesste, ohnfehlbar sich fuer den
zuerst beleidigten Teil erklaeren wuerde. Sie fand es aber so nicht; der
Sohn ward Koenig, und der Koenig sahe in der Kleopatra nicht die Mutter,
sondern die Koenigsmoerderin. Sie hatte alles von ihm zu fuerchten; und von
dem Augenblicke an, er alles von ihr. Noch kochte die Eifersucht in ihrem
Herzen; noch war der treulose Gemahl in seinen Soehnen uebrig; sie fing an,
alles zu hassen, was sie erinnern musste, ihn einmal geliebt zu haben; die
Selbsterhaltung staerkte diesen Hass; die Mutter war fertiger als der Sohn,
die Beleidigerin fertiger, als der Beleidigte; sie beging den zweiten
Mord, um den ersten ungestraft begangen zu haben; sie beging ihn an ihrem
Sohne und beruhigte sich mit der Vorstellung, dass sie ihn nur an dem
begehe, der ihr eignes Verderben beschlossen habe, dass sie eigentlich
nicht morde, dass sie ihrer Ermordung nur zuvorkomme. Das Schicksal des
aeltere Sohnes waere auch das Schicksal des juengern geworden; aber dieser
war rascher, oder war gluecklicher. Er zwingt die Mutter, das Gift zu
trinken, das sie ihm bereitet hat; ein unmenschliches Verbrechen raechet
das andere; und es koemmt bloss auf die Umstaende an, auf welcher Seite wir
mehr Verabscheuung, oder mehr Mitleid empfinden sollen.
Dieser dreifache Mord wuerde nur eine Handlung ausmachen, die ihren Anfang,
ihr Mittel und ihr Ende in der naemlichen Leidenschaft der naemlichen
Person haette. Was fehlt ihr also noch zum Stoffe einer Tragoedie? Fuer das
Genie fehlt ihr nichts: fuer den Stuemper alles. Da ist keine Liebe, da
ist keine Verwicklung, keine Erkennung, kein unerwarteter wunderbarer
Zwischenfall; alles geht seinen natuerlichen Gang. Dieser natuerliche Gang
reizet das Genie; und den Stuemper schrecket er ab. Das Genie koennen nur
Begebenheiten beschaeftigen, die ineinander gegruendet sind, nur Ketten von
Ursachen und Wirkungen. Diese auf jene zurueckzufuehren, jene gegen diese
abzuwaegen, ueberall das Ungefaehr auszuschliessen, alles, was geschieht, so
geschehen zu lassen, dass es nicht anders geschehen koennen: das, das ist
seine Sache, wenn es in dem Felde der Geschichte arbeitet, um die unnuetzen
Schaetze des Gedaechtnisses in Nahrungen des Geistes zu verwandeln. Der
Witz hingegen, als der nicht auf das ineinander Gegruendete, sondern nur
auf das Aehnliche oder Unaehnliche gehet, wenn er sich an Werke waget, die
dem Genie allein vo
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