ren, dass die Sache zu bewerkstelligen ist, ehe sie die geringste
Aufmerksamkeit darauf wenden.
Zwar die Regeln selbst waren leicht zu machen; sie lehren nur, was
geschehen soll, ohne zu sagen, wie es geschehen kann. Der Ausdruck der
Leidenschaften, auf welchen alles dabei ankoemmt, ist noch einzig das Werk
des Genies. Denn ob es schon Tonkuenstler gibt und gegeben, die bis zur
Bewunderung darin gluecklich sind, so mangelt es doch unstreitig noch an
einem Philosophen, der ihnen die Wege abgelernt und allgemeine Grundsaetze
aus ihren Beispielen hergeleitet haette. Aber je haeufiger diese Beispiele
werden, je mehr sich die Materialien zu dieser Herleitung sammeln, desto
eher koennen wir sie uns versprechen; und ich muesste mich sehr irren, wenn
nicht ein grosser Schritt dazu durch die Beeiferung der Tonkuenstler in
dergleichen dramatischen Symphonien geschehen koennte. In der Vokalmusik
hilft der Text dem Ausdrucke allzusehr nach; der schwaechste und
schwankendste wird durch die Worte bestimmt und verstaerkt: in der
Instrumentalmusik hingegen faellt diese Hilfe weg, und sie sagt gar
nichts, wenn sie das, was sie sagen will, nicht rechtschaffen sagt. Der
Kuenstler wird also hier seine aeusserste Staerke anwenden muessen; er wird
unter den verschiedenen Folgen von Toenen, die eine Empfindung ausdruecken
koennen, nur immer diejenigen waehlen, die sie am deutlichsten ausdruecken;
wir werden diese oefterer hoeren, wir werden sie miteinander oefterer
vergleichen und durch die Bemerkung dessen, was sie bestaendig gemein
haben, hinter das Geheimnis des Ausdrucks kommen.
Welchen Zuwachs unser Vergnuegen im Theater dadurch erhalten wuerde,
begreift jeder von selbst. Gleich vom Anfange der neuen Verwaltung unsers
Theaters hat man sich daher nicht nur ueberhaupt bemueht, das Orchester in
einen bessern Stand zu setzen, sondern es haben sich auch wuerdige Maenner
bereit finden lassen, die Hand an das Werk zu legen, und Muster in dieser
Art von Komposition zu machen, die ueber alle Erwartung ausgefallen sind.
Schon zu Cronegks "Olint und Sophronia" hatte Herr Hertel eigne
Symphonien verfertiget; und bei der zweiten Auffuehrung der "Semiramis"
wurden dergleichen von dem Herrn Agricola in Berlin aufgefuehrt.
----Fussnote
[1] Stueck 67.
----Fussnote
Siebenundzwanzigstes Stueck
Den 31. Julius 1767
Ich will es versuchen, einen Begriff von der Musik des Herrn Agricola zu
machen. Nicht zwar nach ihren Wirkungen;--denn je
|