tatt sie fuer
das Auge festzustellen; nach dem wechselnden Spiel der Strahlenbrechung
rueckten die Ufer bald nahe heran, bald wieder weit weg.
Diese zerstreuten Landschaftszuege, dieses Gepraege von Einsamkeit und
Grossartigkeit kennzeichnen den Lauf des Orinoco, eines der gewaltigsten
Stroeme der neuen Welt. Aller Orten haben die Gewaesser wie das Land ihren
eigenthuemlichen, individuellen Charakter. Das Bett des Orinoco ist ganz
anders als die Betten des Meta, des Guaviare, des Rio Negro und des
Amazonenstroms. Diese Unterschiede ruehren nicht bloss von der Breite und
der Geschwindigkeit des Stromes her; sie beruhen auf einer Gesammtheit von
Verhaeltnissen, die an Ort und Stelle leichter aufzufassen, als genau zu
beschreiben sind. So erriethe ein erfahrener Schiffer schon an der Form
der Wogen, an der Farbe des Wassers, am Aussehen des Himmels und der
Wolken, ob er sich im atlantischen Meer, oder im Mittelmeer, oder im
tropischen Strich des grossen Oceans befindet.
Der Wind wehte stark aus Ost-Nord-Ost; er war uns guenstig, um
stromaufwaerts nach der Mission Encaramada zu segeln; aber unsere Pirogue
leistete dem Wogenschlag so geringen Widerstand, dass, wer gewoehnlich
seekrank wurde, bei der heftigen Bewegung selbst auf dem Fluss sich sehr
unbehaglich fuehlte. Das Scholken ruehrt daher, dass die Gewaesser der beiden
Stroeme beider Bereinigung auf einander stossen. Dieser Stoss ist sehr stark,
aber lange nicht so gefaehrlich, als Pater GUMILLA behauptet. Wir fuhren an
der Punta Curiquima vorbei, einer einzeln stehenden Masse von quarzigem
Granit, einem kleinen, aus abgerundeten Bloecken bestehenden Vorgebirge.
Hier, auf dem rechten Ufer des Orinoco, hatte zur Zeit der Jesuiten Pater
Rotella unter den Palenques- und Biriviri-Indianern eine Mission angelegt.
Bei Hochwasser waren der Berg Curiquima und das Dorf am Fuss desselben
rings von Wasser umgeben. Wegen dieses grossen Uebelstandes und wegen der
Unzahl Moskitos und _'Niguas'_,(11) von denen Missionaere und Indianer
geplagt wurden, gab man den feuchten Ort auf. Jetzt ist er voellig
verlassen, waehrend gegenueber auf dem linken Ufer in den Huegeln von Coruato
herumziehende Indianer hausen, die entweder aus den Missionen oder aus
freien, den Moenchen nicht unterworfenen Staemmen ausgestossen worden sind.
Die ungemeine Breite des Orinoco zwischen der Einmuendung des Apure und dem
Berge Curiquima fiel mir sehr auf; ich berechnete sie daher nach einer
Standlinie, die
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