Gewitterwolke friert, noch so wenig, dass wir
nicht zu beurtheilen vermoegen, ob unter dem Aequator ueber den Niederungen
dieselben Bedingungen eintreten. Ich bezweifle, dass sich der Hagel immer
in einer Luftregion bildet, deren mittlere Temperatur gleich Null ist, und
die bei uns im Sommer 1500--1600 Toisen hoch liegt. Die Wolken, in denen
man die Hagelkoerner, bevor sie fallen, an einander schlagen hoert, und die
wagrecht ziehen, kamen mir immer lange nicht so hoch vor, und es erscheint
begreiflich, dass in solch geringerer Hoehe durch die Ausdehnung der
aufsteigenden Luft, welche an Waermecapacitaet zunimmt, durch Stroeme kalter
Luft aus einer hoeheren Breite, besonders aber (nach GAY-LUSSAC) durch die
Strahlung der obern Flaeche der Wolken, eine ungewoehnliche Erkaeltung
hervorgebracht wird. Ich werde Gelegenheit haben, auf diesen Punkt
zurueckzukommen, wenn von den verschiedenen Formen die Rede ist, unter
denen auf den Anden in 2000--2600 Toisen Meereshoehe Hagel und Graupen
auftreten, und die Frage eroertert wird, ob man die Wolken, welche die
Gebirge einhuellen, als eine horizontale Fortsetzung der Wolkenschicht
betrachten kann, die wir in den Niederungen gerade ueber uns sich bilden
sehen.
Im Orinoco sind sehr viele Inseln und der Strom faengt jetzt an sich in
mehrere Arme zu theilen, deren westlichster in den Monaten Januar und
Februar trocken liegt. Der ganze Strom ist 2900--3000 Toisen breit. Der
Insel Javanavo gegenueber sahen wir gegen Ost die Muendung des *Cano*
Aujacoa. Zwischen diesem Cano und dem Rio Paruasi oder Paruati wird das
Land immer staerker bewaldet. Aus einem Palmenwald nicht weit vom Orinoco
steigt, ungemein malerisch, ein einzelner Fels empor, ein Granitpfeiler,
ein Prisma, dessen kahle, schroffe Waende gegen zweihundert Fuss hoch sind.
Den Gipfel, der ueber die hoechsten Waldbaeume emporragt, kroent eine ebene,
wagrechte Felsplatte. Auf diesem Gipfel, den die Missionaere Pic oder
_Mogote de Cocuyza_ nennen, stehen wieder Baeume. Dieses grossartig einfache
Naturdenkmal erinnert an die cyclopischen Bauwerke. Sein scharf
gezeichneter Umriss und oben darauf die Baeume und das Buschwerk heben sich
vom blauen Himmel ab, ein Wald ueber einem Walde.
Weiterhin beim Einfluss des Paruasi wird der Orinoco wieder schmaler. Gegen
Osten sahen wir einen Berg mit plattem Gipfel, der wie ein Vorgebirge
herantritt. Er ist gegen 300 Fuss hoch und diente den Jesuiten als fester
Platz. Sie hatten ein kleines
|