hsten Augenblick sahen wir unsere Buecher, Papiere und
getrockneten Pflanzen umherschwimmen. Bonpland schlief mitten in der
Pirogue. Vom eindringenden Wasser und dem Geschrei der Indianer
aufgeschreckt, uebersah er unsere Lage sogleich mit der Kaltbluetigkeit, die
ihm unter allen Verhaeltnissen treu geblieben ist. Der im Wasser stehende
Bord hob sich waehrend der Windstoesse von Zeit zu Zeit wieder, und so gab er
das Fahrzeug nicht verloren. Sollte man es auch verlassen muessen, so
konnte man sich, glaubte er, durch Schwimmen retten, da sich kein Krokodil
blicken liess. Waehrend wir so aengstlich gespannt waren, riss auf einmal das
Tauwerk des Segels. Derselbe Sturm, der uns auf die Seite geworfen, half
uns jetzt ausrichten. Man machte sich alsbald daran, das Wasser mit den
Fruechten der _Crescentia Cujete_ auszuschoepfen; das Segel wurde
ausgebessert, und in weniger als einer halben Stunde konnten wir wieder
weiter fahren. Der Wind hatte sich etwas gelegt. Windstoesse, die mit
Windstillen wechseln, sind uebrigens hier, wo der Orinoco im Gebirge laeuft,
sehr haeufig und koennen ueberladenen Schiffen ohne Verdeck sehr gefaehrlich
werden. Wir waren wie durch ein Wunder gerettet worden. Der Steuermann
verschanzte sich hinter sein indianisches Phlegma, als man ihn heftig
schalt, dass er sich zu nahe am Wind gehalten. Er aeusserte kaltbluetig, "es
werde hier herum den weissen Leuten nicht an Sonne fehlen, um *ihre
Papiere* zu trocknen." Wir hatten nur ein einziges Buch eingebuesst, und
zwar den ersten Band von SCHREBERs _genera plantarum_ der ins Wasser
gefallen war. Dergleichen Verluste thun weh, wenn man auf so wenige
wissenschaftliche Werke beschraenkt ist.
Mit Einbruch der Nacht schlugen wir unser Nachtlager auf einer kahlen
Insel mitten im Strome in der Naehe der Mission Uruana auf. Bei herrlichem
Mondschein, auf grossen Schildkroetenpanzern sitzend, die am Ufer lagen,
nahmen wir unser Abendessen ein. Wie herzlich freuten wir uns, dass wir
alle beisammen waren! Wir stellten uns vor, wie es einem ergangen waere,
der sich beim Schiffbruch allein gerettet haette, wie er am oeden Ufer auf
und ab irrte, wie er jeden Augenblick an ein Wasser kam, das in den
Orinoco laeuft und durch das er wegen der vielen Krokodile und
Caraibenfische nur mit Lebensgefahr schwimmen konnte. Und dieser Mann mit
gefuehlvollem Herzen weiss nicht, was aus seinen Ungluecksgefaehrten geworden
ist, und ihr Loos bekuemmert ihn mehr als das seine! Gerne
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