seines getreuen Dieners ueberstieg alle Grenzen und
Garet's ganzes gegen 1700 Mann starkes Corps, das sofort die Waffen
streckte, wurde enthauptet. Der Reisende, der heute ueber die Ebene von
Wogara bei Dobarek zieht, sieht dort das Feld noch weit und breit mit
Menschengebeinen uebersaet, den Zeugnissen der schauderhaften Rache, welche
Theodor an den Moerdern seines Lieblings genommen (vergl. oben S. 203). Und
doch war dieser Akt noch weit weniger grausam, als die frueher uebliche
Bestrafung der Kriegsgefangenen, die man entmannte. Hochverraether wurden
nach Isenberg's Zeugniss frueher oeffentlich bei lebendem Leibe geschunden,
das Fleisch dann in kleine Stuecken zerhackt und den Hunden vorgeworfen;
die Haut aber gerbte man und machte Trommelfelle daraus. Alle diese
barbarischen Strafen schaffte Theodoros Anfangs ab, aber die fortwaehrenden
Unruhen zwangen ihn, spaeter wieder darauf zurueckzukommen, und das Blut
floss auch unter Theodor in Stroemen.
Die inneren Feinde waren so allmaelig niedergeworfen, dafuer trat jedoch von
aussen ein weit maechtigerer Widersacher, _England_, auf. Ehe wir jedoch
hierzu uebergehen, ist es nothwendig, noch einen Blick auf Charakter und
Persoenlichkeit, wie auf die reformatorischen Bestrebungen des Negus zu
werfen, der jedenfalls _ein ganz bedeutender Mensch_ in seiner Weise war,
eine seltene und grossartige Erscheinung in Abessinien, die allerdings mit
europaeischem Massstabe nicht gemessen werden darf.
"Theodoros", so schrieb 1862 Lejean, "mag etwa 46 Jahre alt sein. Er ist
von mittlerem Wuchs und wohlgestaltet, hat einen offenen sympathischen
Gesichtsausdruck, gut entwickelte Stirn, kleine, lebhafte Augen und eine
fast schwarze Gesichtsfarbe. Nase und Kinn erinnern an den juedischen
Typus. Er ist aus Koara gebuertig und ich halte ihn fuer einen Agow oder
Gamanten; fuer einen Aethiopier von reinem Blute ist Theodoros zu
dunkelfarbig. Seine aeussere Erscheinung imponirt, sie zeigt, dass er in der
That ein Mann von grosser geistiger Regsamkeit und unermuedlicher
Kraftentwicklung ist, und er bildet sich auch hierauf etwas ein. Er
vertreibt sich gern die Zeit damit, an steilen Huegeln herab- und
heraufzuklimmen und dann erfordert die Etikette, dass seine Umgebung ein
Gleiches thue. Auf dem Pferde bewegt er sich wie ein argentinischer Gaucho
und seine Rosse zittern buchstaeblich, wenn sie ihn kommen sehen. Sein
Kriegsruf ist wie bei allen abessinischen Haeuptlingen: Abba Senghia, d. h.
Vat
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