schritt ueber das todte
Thier hinweg. Dieser starke Ausdruck, welcher Lejean Anfangs
unverstaendlich schien, fand durch Folgendes seine Aufklaerung. Kaiser
Theodor hatte vor einigen Tagen in sehr uebler Laune gesagt: "Ich weiss
nicht, weshalb mir meine lieben Vettern Napoleon und Victoria solche Leute
geschickt haben. Der Franzose ist ein Narr und der Englaender ein Esel."
Ganz Unrecht hatte der Fuerst nicht und sein Grimm stieg. Entscheidend
wurde jedoch erst ein anderer Umstand.
Oft schon hatte Theodor sich geaeussert, dass ein Handelsvertrag mit England
in Kraft treten muesse, und demgemaess schrieb er gegen Ende 1862 einen
eigenhaendigen Brief an die Koenigin Victoria. Ein gleichzeitiges Schreiben
an den Kaiser Napoleon, mit aehnlichen Antraegen, wurde hoeflich erwidert,
jedoch der Abschluss eines Handelsvertrags abgelehnt. Von England aber, wo
das Schreiben im Auswaertigen Amte verlegt wurde - man ist nie klar darueber
geworden, was mit demselben geschah - kam keine Antwort. In ganz
Abessinien machte der Vorfall grosses Aufsehen, da der Koenig sich der
Hoffnung hingegeben hatte, die britische Regierung wuerde es sich angelegen
sein lassen, die angeknuepften Beziehungen zu foerdern, angesichts seiner
Freundschaft gegen Plowden, der guten Aufnahme, welche Krapf gefunden, und
wegen der Abschaffung des Sklavenhandels. Doch keine Antwort kam.
Sicherlich fuehlte sich der stolze Halbbarbar durch diese Nichtbeachtung
verletzt; ein europaeischer Hof wuerde dasselbe gethan haben, und dann
raechte er sich eben wie ein Barbar. Cameron musste zunaechst seinen Zorn
fuehlen und wurde gefangen gesetzt. Hatte die Koenigin von England seinen
hoeflichen Brief, in welchem er seinen Wunsch ausdrueckte, mit ihr und ihren
Unterthanen in freundschaftlichem Verkehr zu stehen, unbeantwortet
gelassen, so brauchte er auch, seiner Meinung nach, den Bevollmaechtigten
einer so unhoeflichen europaeischen Monarchin nicht weiter zu respektiren.
Er liess Cameron mit einem abessinischen Soldaten an einer und derselben
Kette befestigen. Dabei glaubte er, dass die Englaender ihm in seinem Lande
so leicht durch Waffengewalt nicht beikommen wuerden und liess sich deshalb
nicht gern auf Unterhandlungen ein.
Schliesslich sandte man am 15. Oktober 1865 den Konsularagenten _Rassam_,
einen Armenier, von Massaua, reich mit Geschenken versehen, zum Koenig
Theodoros. Im Januar des folgenden Jahres fand die Zusammenkunft statt und
Rassam wurde freundlich aufge
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