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Mehr als der Abfall dieser Fuersten schmerzte Theodor aber der Verrath des
jungen Menilek. Dieser, der Sohn des 1856 von Theodor besiegten Koenigs
Hailu Melekot von Schoa, war Theodor's Schwiegersohn geworden; aber weder
die junge Frau, noch die Gnade des Koenigs vermochten ihn zu fesseln; er
trachtete nur danach, wieder in den Besitz seines Erbes zu gelangen.
Unterstuetzt von der Gallafuerstin Workit entfloh er mit Zuruecklassung
seiner Frau nach Ankober, wo ihn die Schoaner jubelnd als Negus
anerkannten. Theodor selbst wurde durch diesen Abfall und das Misstrauen,
welches er gegen die Europaeer hegte, zur schrecklichsten Wuth getrieben,
die sich in blutigen Greueln aeusserte. Der Kerker zu Debra Tabor war, wie
wir aus den Berichten eines Augenzeugen, des deutschen Naturaliensammlers
Karl Schiller, selbst erfuhren, fortwaehrend mit Ungluecklichen ueberfuellt,
die entweder zum Hungertode oder zur Hinrichtung durch Abschneiden der
Haende und Fuesse verdammt waren. Dreihundert Soldaten, die im Verdachte
standen, desertiren zu wollen, wurden zum Hungertode verurtheilt.
Gefesselt und bewacht, mit langen Holzgabeln am Halse, sassen sie
zusammengekauert ohne die geringste Bekleidung im Freien. Des Nachts fror
fingerdickes Eis oder stroemte der Regen auf die Elenden hernieder, waehrend
am Tage die brennenden Strahlen der tropischen Sonne die nackten Koerper
trafen. Nach Verlauf von zwei Wochen starb der letzte; er hatte mit dem
Regen, der seine verdorrenden Lippen netzte, mit dem Grase, auf dem er
sass, sein jammervolles Dasein so lange gefristet. Solche Greuel aber
ereigneten sich fast taeglich! Blitzschnell zog Theodor im Lande herum, und
wehe der Gegend, in die sein raublustiges Heer einfiel. Das Volk der Waito
wagte zuerst, dem Gewaltigen Widerstand zu leisten, ja es war so
gluecklich, Anfangs einen Theil seines Heeres zu schlagen. Da beschloss
Theodor, mit ihnen kehraus zu machen. Wie der Habicht vom hohen Thurme
herniederfaehrt zwischen das scheue Gefluegel, so stuerzte er von Debra Tabor
auf die Waito. Was nicht sogleich vor dem Schwerte der Krieger fiel, wurde
in die Haeuser getrieben, und als diese mit Maennern, Weibern, Kindern
gefuellt waren, da befahl Theodor, Feuer an die Strohdaecher zu legen, und
Hunderte von Unschuldigen fanden ihren qualvollen Tod in den Flammen.
In Gafat, spaeter in Debra Tabor, herrschte waehrenddem eine grosse
industrielle Thaetigkeit. Dort hatte man Flammenoefen gebaut, dort haemme
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