ragen wird.
Der kaum einige Tage aeltere Sproessling einer anderen Frau giebt ebenfalls
durch Schreien Zeichen einer gesunden, kraeftigen Lunge, sein Lager aber
ist nicht so sorgsam gegen Sonne und Kaelte geschuetzt. Mit Riemen ist er
voellig nackt zwischen Koerbe und Kuerbisflaschen auf den Ruecken oder die
Huefte seiner schwer tragenden Mutter geschnuert oder auf das Gepaeck eines
magern Pferdes gebunden. Kleine Kinder von drei bis fuenf Jahren, voellig
nackt oder nur mit einem Stueckchen Schaf- oder Ziegenfell ueber den
Schultern, laufen neben ihren schwer bepackten Muettern, ja sie tragen
selbst einen Theil von den Kuerbisflaschen, Eisenblechen zum Brotbacken,
hoelzernen Schuesseln zum Anruehren des Brotteiges u. s. w. Andere Weiber
rauchen gemuethlich aus einer grossen Tabakspfeife, deren Abguss aus einem
kleinen wassergefuellten Kuerbis besteht; neben ihnen schleppen sich einige
unbepackte Maulthiere hin, deren aufgedrueckter Ruecken eine einzige
Wundflaeche bildet. Am Wege sitzt ein Kuenstler von Fach auf einem Bunde
Stroh, aus welchem er sich am Abend einen Gotscho zu bauen gedenkt, und
singt zu dem eintoenigen Geklimper seiner Kirra, der abessinischen Lyra,
mit scharfer naeselnder Stimme, packt dann Stroh und Lyra auf den Kopf und
wandelt als zweiter Apollo seinen kothigen Weg. Zwischen diesen Scharen
bepackter Menschen und Thiere ziehen bruellend Herden schoener Rinder,
Schafe und Ziegen; auch bricht, Geschrei und Unordnung verursachend,
gelegentlich ein kraeftiger Stier durch die Massen.
Die vier _zahmen Loewen_ des Negus (vergl. S. 187), schoene, grosse Thiere,
laufen voellig frei mitten im Tross, ohne auch nur am Stricke gefuehrt zu
werden. Steudner bemerkte zu seinem Erstaunen, dass in unmittelbarer Naehe
der Loewen das Vieh, Kuehe, Schafe, Ziegen, Maulthiere, ruhig graste, ohne
die geringste Furcht vor dem Koenige der Wildniss zu haben. Wie Hunde liefen
sie mitten im Gewuehl und gehorchten der Stimme ihres Begleiters, hinter
welchem sie oft in geschlossener Phalanx dicht auf den Fersen
hermarschirten.
Mitten zwischen dem Tross reitet ein Grosser des Landes stolz durch all das
Gedraenge. Vor ihm her schreitet sein Speertraeger, ein Diener mit langer,
haarscharfspitziger Lanze, deren von Schoanern gearbeitete Eisenspitze in
rothledernem Futteral geborgen ist. Sein mit Gold und Silber beschlagenes
Bueffelhautschild, sein Gewehr und seinen in rothlederner Scheide
steckenden Saebel mit Rhinozerosgriff tragen
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