schuettert, besonders Franz
Roey. Er behauptete, die Auffassung von der Ehe stamme bei den
romanischen Voelkern aus einer Zeit, da die Frau Eigentum des Mannes war
und Untreue folglich mit dem Tode bestraft wurde. Durch das Christentum
sei freilich spaeter der Mann auch Eigentum der Frau geworden. Hierueber
entstand eine lebhafte Diskussion. Mary stimmte ihm darin bei, dass
keiner der Eheleute dem aendern gehoere. Sie seien freie Individuen und
koennten ueber sich selbst bestimmen. In der Ehe wie vor der Ehe. Nur die
Liebe sei entscheidend. Hoere die Liebe auf, weil der eine Teil oder auch
beide durch die Entwicklung anders geworden seien, als sie bei
Begruendung der Ehe waren, oder treffe einer von ihnen einen Menschen,
der seine Seele und seine Gedanken gefangen nehme und seinem Leben eine
andere Richtung gebe, dann muesse der Verlassene resignieren. Nicht
verdammen oder toeten. Aber ihre Meinung und Franz Roeys Ansicht gingen
auseinander, als sie erwogen, was zwei Eheleute von Rechts wegen
scheiden duerfe. Namentlich als sie darauf kamen, was davon zurueckhalten
muesse. Sie war hier viel bedenklicher als er. Er schlug scherzend vor,
sie solle doch sagen: "Eheleute haben volle Freiheit, sich scheiden zu
lassen; aber sie duerfen keinen Gebrauch davon machen." Sie schlug vor,
er solle sagen: "Eheleute muessen in der Regel geschieden werden; haben
sie keinen wirklichen Grund, muessen sie sich einen pumpen."
Sie kamen in diesem Gespraech tiefer als bis zu den Worten. Es bezauberte
ihn wie eine neue Art von Schoenheit an ihr, wie souveraen sie war. Das
gab ihrer Erscheinung einen neuen Glanz. Es war keine Herrschsucht
darin. Es war nur eine Schutzwehr, aber die hoechste. Ihr ganzes Wesen
war darin konzentriert. Ein "Ruehr' mich nicht an!" in Augen, Stimme und
Haltung. Vielleicht, wenn es sein musste, bereit zur Maertyrerglorie. Sie
wurde viel groesser. Aber auch hilfloser. Gerade solche Wesen stehen zu
hoch und stolpern beim ersten Schritt. Dann pflegen sie furchtbar zu
fallen.
Er starrte sie an und vergass zu antworten, vergass, wo er war. Ihm war,
als rufe ihm einer zu: "Gib acht auf sie!" In seine Liebe zog mit
gebieterischem Kommando die Ritterlichkeit ein.
Sie sah, wie er sich dem Gespraech fernhielt; aber das hinderte sie
nicht; das Thema war ihr zu lieb. Als er wieder bei der Sache war, hoerte
er, wie sie ihr Innerstes enthuellte, zweifellos ohne es zu ahnen. Sie
sprach aus, was sie gedacht hatte, seit sie sich
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