unehrenhaften Ueberfall
herum, bis sie mitten in Vorstellungen war, die sie weit fortfuehrten.
Sie stand wieder vor der kraftvollen Gestalt des Athleten, sie fuehlte
wieder Alices wissende Augen auf sich ruhen. Sie zitterte,--als sie
einen Schrei des Kindes da oben hoerte. In ihrer Erregung war sie nahe
daran, auch zu schreien. Was konnte da nur los sein? Auf die Seite ging
kein Fenster hinaus. Aus der Tuer zu sehen, wagte sie nicht, denn sie
hatte nichts an. Nie hatte sie sich so mit dem Anziehen beeilt, aber
gerade deshalb ging ihr alles verkehrt, und es zog sich in die Laenge.
Sie mochte nicht halbangekleidet vor Joergen Thiis hintreten.
Als sie eben soweit war, dass sie daran denken konnte, die Tuer
aufzumachen, hoerte sie auf der Landungsbruecke das Tripp-Trapp der
kleinen Nanna. Mary riss die Tuer auf, die Kleine kam hereingestuerzt und
warf sich ihr gleich in den Schoss. Da versteckte sie den Kopf und weinte
und schluchzte, dass sie kein Wort herausbringen konnte.
Mary gelang es, sie zu beruhigen, besonders als sie ihr versprach, sie
duerfe jetzt ihr Haar kaemmen. Da erzaehlte sie, der Herr Leutnant habe
hinter dem Stein gestanden, bis sie es bemerkt habe. Sie habe gesessen
und gesungen und habe ihn gar nicht kommen hoeren. Er habe ihr gedroht.
Ach, und sie habe solche Angst gehabt, denn er habe so boese ausgesehen!
Ach, so boese habe er ausgesehen! Kaum sei Mary ins Haus gegangen, da sei
er hinuntergestuermt, direkt auf das Haus zu!
"Joergen Thiis?"
"Dann schrie ich aus Leibeskraeften! Da stand er still. Aber dann drehte
er sich um und kam auf mich zu. Ich hinunter vom Stein und hinein in den
Wald----" Sie konnte nicht weitersprechen. Sie verbarg wieder den Kopf
in Marys Schoss und weinte.
Das wurde ja immer schlimmer! Marys Verstand konnte es anfangs kaum
fassen.
Nach und nach aber ging ihr ein Licht auf--er mochte ein anderer sein.
Er trug eine rasende Leidenschaft in sich. Er hatte den Mut starker
Ruecksichtslosigkeit. Wenn er nun gekommen war, um...?
Stolz und stark, wie sie sich kannte, haette das fuer ihn die Verbannung
auf immer bedeutet--nichts anderes.
Aber auf dem Heimwege liess sie Nanna vorausgehen. Aus dem einfachen
Grunde, weil sie kaum einen Fuss vor den anderen setzen konnte,--so
stuermten die Gedanken auf sie ein.
Wie konnte ein Mann sich tagtaeglich so beherrschen--einer so gewaltigen
Begierde gegenueber? Eine lange, lange Anhaeufung musste vorauf gegangen
sein; sonst haette
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