der grossen Sitteneinfalt in diesen entlegenen
Laendern. Er hatte ein Vermoegen von mehr als hunderttausend Piastern, und
doch stieg er mit nackten Fuessen, an die maechtige silberne Sporen
geschnallt waren, zu Pferde. Wir wussten aber aus mehrwoechentlicher
Erfahrung, wie traurig einfoermig die Vegetation auf den Llanos ist, und
schlugen daher lieber den laengeren Weg auf dem Rio Apure nach dem Orinoco
ein. Wir waehlten dazu eine der sehr breiten Piroguen, welche die Spanier
_'Lanchas'_ nennen; zur Bemannung waren ein Steuermann (_el patron_) und
vier Indianer hinreichend. Am Hintertheil wurde in wenigen Stunden eine
mit Coryphablaettern gedeckte Huette hergerichtet. Sie war so geraeumig, dass
Tisch und Baenke Platz darin fanden. Letztere bestanden aus ueber Rahmen von
Brasilholz straff gespannten und angenagelten Ochsenhaeuten. Ich fuehre
diese kleinen Umstaende an, um zu zeigen, wie gut wir es auf dem Apure
hatten, gegenueber dem Leben auf dem Orinoco in den schmalen elenden
Canoes. Wir nahmen in die Pirogue Lebensmittel auf einen Monat ein. In San
Fernando(2) gibt es Huehner, Eier, Bananen, Maniocmehl und Cacao im
Ueberfluss. Der gute Pater Kapuziner gab uns Xereswein, Orangen und
Tamarinden zu kuehlender Limonade. Es war vorauszusehen, dass ein Dach aus
Palmblaettern sich im breiten Flussbett, wo man fast immer den senkrechten
Sonnenstrahlen ausgesetzt ist, sehr stark erhitzen musste. Die Indianer
rechneten weniger auf die Lebensmittel, die wir angeschafft, als auf ihre
Angeln und Netze. Wir nahmen auch einige Schiessgewehre mit, die wir bis zu
den Katarakten ziemlich verbreitet fanden, waehrend weiter nach Sueden die
Missionaere wegen der uebermaessigen Feuchtigkeit der Luft keine Feuerwaffen
mehr fuehren koennen. Im Rio Apure gibt es sehr viele Fische, Seekuehe und
Schildkroeten, deren Eier allerdings naehrend, aber keine sehr angenehme
Speise sind. Die Ufer sind mit unzaehligen Voegelschaaren bevoelkert. Die
erspriesslichsten fuer uns waren der Pauxi und die Guacharaca, die man den
Truthahn und den Fasan des Landes nennen koennte. Ihr Fleisch kam mir
haerter und nicht so weiss vor als das unserer huehnerartigen Voegel in
Europa, weil sie ihre Muskeln ungleich staerker brauchen. Neben dem
Mundvorrath, dem Geraethe zum Fischfang und den Waffen vergass man nicht ein
paar Faesser Branntwein zum Tauschhandel mit den Indianern am Orinoco
einzunehmen.
Wir fuhren von San Fernando am 30. Merz, um vier Uhr Abends, bei sehr
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