leid ruehrender, man kann sagen sinnreicher bethaetigt, als hier, wo
es galt, zu den Ungluecklichen zu dringen, die man jammern hoerte. Es fehlte
voellig an Werkzeugen zum Graben und Wegraeumen des Schuttes; man musste die
noch Lebenden mit den Haenden ausgraben. Man brachte die Verwundeten und
die Kranken, die sich aus den Spitaelern gerettet, am Ufer des Guayre
unter, aber hier fanden sie kein Obdach als das Laub der Baeume. Betten,
Leinwand zum Verbinden der Wunden, chirurgische Instrumente, alles
Unentbehrliche lag unter den Truemmern begraben. Es fehlte an Allem, in den
ersten Tagen sogar an Lebensmitteln, und im Innern der Stadt ging vollends
das Wasser aus. Das Erdbeben hatte die Leitungsroehren der Brunnen
zertruemmert und Erdstuerze hatten die Quellen verschuettet. Um Wasser zu
bekommen, musste man zum Guayre hinunter, der bedeutend angeschwollen war,
und es fehlte an Gefaessen."
"Den Todten die letzte Ehre zu erweisen, war sowohl ein Werk der Pietaet,
als bei der Besorgniss vor Verpestung der Luft geboten. Da es geradezu
unmoeglich war, so viele tausend halb unter den Truemmern steckende Leichen
zu beerdigen, so wurde eine Commission beauftragt, sie zu verbrennen. Man
errichtete zwischen den Truemmern Scheiterhaufen, und die Leichenfeier
dauerte mehrere Tage. Im allgemeinen Jammer fluechtete das Volk zur Andacht
und zu Ceremonien, mit denen es den Zorn des Himmels zu beschwichtigen
hoffte. Die einen traten zu Bittgaengen zusammen und sangen Trauerchoere;
andere, halb sinnlos, beichteten laut auf der Strasse. Da geschah auch
hier, was in der Provinz Quito nach dem furchtbaren Erdbeben vom
4. Februar 1797 vorgekommen war: viele Personen, die seit langen Jahren
nicht daran gedacht hatten, den Segen der Kirche fuer ihre Verbindung zu
suchen, schlossen den Bund der Ehe; Kinder fanden ihre Eltern, von denen
sie bis jetzt verlaeugnet worden; Leute, die Niemand eines Betrugs
beschuldigt hatte, gelobten Ersatz zu leisten; Familien, die lange in
Feindschaft gelebt, versoehnten sich im Gefuehl des gemeinsamen Ungluecks."
Wenn dieses Gefuehl auf die einen versittlichend wirkte und das Herz fuer
das Mitleid ausschloss, wirkte es in andern das Gegentheil: sie wurden nur
noch hartherziger und unmenschlicher. In grossen Unfaellen geht in gemeinen
Seelen leichter der Edelmuth verloren als die Kraft; denn es geht im
Unglueck wie bei der wissenschaftlichen Beschaeftigung mit der Natur: nur
auf die Wenigsten wirkt sie veredlend, g
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