etten schweifen,
den lang gedehnten Strand erreichen und sich in dem weiten Meer verlieren.
Jenseits des Grates, der das lange Dorf Colla di Rodi traegt, tauchte im
Osten ein Theil von San Remo hervor. Im Nordwesten wurde das Auge durch
die schneebedeckten Haeupter maechtiger Riesen der Seealpen gefesselt. In
wunderbarer Klarheit setzten die blendend weissen Schneemassen von dem
dunklen Blau des Himmels ab, waehrend nach abwaerts das dunkle Gruen der
Foehren, das dem Monte Nero seinen Namen gibt, sich durch helleres Gruen der
Oliven bis zum Blau des Meeres abtoente. Nur wenige Landschaften, auch in
Italien, gibt es, welche diese an Schoenheit uebertreffen. Vereinigt doch
dieses Bild Alles, was berufen scheint, unser Auge zu entzuecken, unseren
Verstand zu fesseln, unsere Einbildungskraft anzuregen. Der Anblick der
Schneefelder oben in den Alpen hatte dem Flug meiner Gedanken die Richtung
nach Norden gegeben. Jenseits dieser Berge mochte noch grimmige Kaelte
herrschen; hier, suedlich von den Alpen, war der Sieg des Fruehlings ueber
den Winter lange schon errungen, so dass der Klang der Osterglocken, der
aus den Thaelern zum Monte Nero emporstieg, nur der Freude zu gelten
schien.
Der schoene Garten vor dem Hotel Angst stand in voller Bluethe; die Beete
glichen grossen Blumenkoerben. Ueppige Straeucher des capischen Pelargoniums
hatten ueberall ihre zinnoberrothen Bluethen entfaltet. Der peruanische
Heliotrop kletterte am Hause empor und erfuellte die Luft mit
vanilleartigem Wohlgeruch. Es gesellten sich zu diesem die Duefte von
Nelken, Reseda und von gelben Theerosen. Die Blaetter immergruener Baeume
leuchteten im Garten von Licht ueberfluthet; sie warfen auf die Wege
dunkelblaue Schatten. Unter den Palmen sass ein junges Ehepaar, das ich bei
der Heimkehr begruesste. Ihm ward das Glueck zu Theil, seine Flitterwochen am
Mittelmeer zu feiern. Jener sonndurchgluehte, blumenreiche Ostersonntag, an
welchem die Natur alle ihre Schaetze so verschwenderisch ueber die Riviera
ausgeschuettet hatte, wird diesem Paar wohl einer der hoechsten Feiertage
des ganzen Lebens bleiben.
Nicht weniger als vier Thaeler muenden in die schmale Ebene, die sich laengs
des Meeres vom Cap von Ampeglio bis nach Ventimiglia hinzieht. Daher
lassen sich von Bordighera zahlreiche Ausfluege unternehmen, taeglich fast
mit neuer Abwechselung. Da man im Hotel Angst zugleich vorzueglich
aufgehoben ist, wird man seinen Aufenthalt in Bordighera gerne verlaenge
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