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der tiefen Seele dieses Kindes wogte ein schweres Ringen. Es war dem am Hofe zu Ravenna heranreifenden Maedchen nicht ganz entgangen, dass der schoene, bleiche Knabe oft mit seltsamem, traeumendem Blick die dunkeln Augen auf ihr ruhen liess, dass er wie mit Andacht dem Tonfall ihrer Stimme lauschte. Aber niemals war diese Ahnung inneren Wohlgefallens ihr bestimmt ins Bewusstsein getreten; der Prinz, scheu und verschlossen, hatte die Augen niedergeschlagen, wenn sie ihn ueber einem solchen Blick ertappte und ihn unbefangen fragend ansah: waren sie doch beide damals beinahe noch Kinder. Sie wusste nicht zu nennen, was in Athalarich vorging - kaum wusste er es selbst - und nie war es ihr eingefallen, nachzudenken, warum auch sie gern in seiner Naehe lebte, gern dem kuehnen, von der Art aller andrer Gespielen abweichenden Flug seiner Gedanken oder Phantasien folgte, gern auch schweigend neben dem Schweigenden im Abendlicht durch die stillen Gaerten wandelte, wo er oft mitten aus seinen Traeumereien abgerissene, aber immer sinnige Worte zu ihr sprach, deren Poesie, die Poesie schwaermerischer Jugend, sie so voellig verstand und wuerdigte. In das zarte Weben dieser knospenden Neigung schlug nun die Katastrophe ihres ueber alles geliebten Vaters. Und nicht nur sanfte Trauer um den Gemordeten, gluehender Hass gegen die Moerder ergriff die Seele der leidenschaftlichen Roemerin. Von jeher hatte Boethius, selbst in der Zeit seiner hoechsten Gunst am Hofe, ein hochmuetiges Herabsehen auf das Barbarentum der Goten zur Schau getragen, und seit seinem Untergang atmete natuerlich die ganze Umgebung Kamillas, die Mutter, die beiden racheduerstenden Brueder, die Freunde des Hauses nur Hass und Verachtung: nicht nur gegen den blutigen Moerder und Tyrannen Theoderich, nein, gegen alle Goten und vorab gegen Tochter und Enkel des Koenigs, die seine Schuld zu teilen schienen, weil sie dieselbe nicht verhindert. So hatte das Maedchen Athalarichs fast gar nicht mehr gedacht. Und wann er genannt wurde oder wann, was ihr manchmal begegnete, sein Bild im Traume vor ihre Seele trat, so gipfelte all' ihr Hass gegen die Barbaren in hoechstem Abscheu gegen ihn. Vielleicht gerade deshalb, weil im geheimsten Grund ihres Herzens jetzt eine widerstrebende Ahnung von jener Neigung zitterte, die sie zu dem schoenen Koenigssohn gezogen. - Und nun - nun hatte es der Frevler gewagt, ihr argloses Herz mit tueckischem Streich zu treffen! Sie hatte, sowi
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