und ihn Anges beleidigte Worte trafen, stand er
bebend am ganzen Leibe. "Ehrlos--sagen Sie? Ehrlos?--Nun, dann darf ich
in der Folge Ihre Schwelle nicht mehr beruehren! In dies reine Haus darf
kein Ehrloser treten!"
"Nein, nein, Sie haben recht!" rief Ange ausser sich in gekraenktem Stolz
und in der Verzweiflung ihrer vernichteten Liebe. "Gehen Sie! Gehen Sie!
Ich will versuchen, Ihnen zu verzeihen im Gedenken des vielen Guten, das
ich von Ihnen empfing. Auch das in der Erregung gesprochene Wort nehme
ich zurueck. Aber unseres Beisammenbleibens ist nicht mehr! Gehen Sie!"
Nach diesen Worten wandte sie sich von ihm ab und wollte, nicht mehr
Herrin ihrer Gefuehle, das Zimmer verlassen.
"Ich thue, was Sie befehlen!" fluesterte Tibet. "Wie sehr Sie mir aber
unrecht thaten, Frau Graefin--"
"Wie--unrecht?" rief sie, nochmals zuruecktretend, und reckte ihre
schlanke Gestalt hoch empor. "Unrecht?" wiederholte sie. Ihre feinen
Nasenfluegel vibrierten und ihre Augen blitzten. "Trieben Sie Ihre
zudringliche und bevormundende Dienstfertigkeit nicht so weit, dass ich
heute wie eine Naerrin vor dem Direktor des Gymnasiums stand? Ich dankte
ihm fuer seine Guete gegen die Knaben. Solche Guete anzunehmen, schaemte ich
mich nicht, denn es ist der Staat, der den Bedraengten einen Teil der
Pflichten abnimmt, die ihnen obliegen, um ihre Kinder zu tuechtigen
Menschen heranzubilden. Er thut damit nur etwas Weises. Sie vermoegen es
ihm einst zu lohnen, indem sie gute Buerger werden. Wissen Sie, was er
erwiderte? Dass er weder eine Eingabe noch einen Dankesbrief von meiner
Hand empfangen! Nun, was sagen Sie dazu?--Sie unterschlugen Eingabe und
Brief, Sie belogen mich, waehrend ich Ihnen Hab und Gut hingab in
grenzenlosem Vertrauen, ja mehr noch, mich Ihnen sogar anvertraute in
Dingen, die schwer, wohl nie ueber die Lippen eines Weibes dringen,
selbst unter gleichen Verhaeltnissen. Nun, Tibet, sind Sie der Agent des
Herrn Baron von Teut?--Einmal wenigstens seien Sie wahr!"
Tibet schuettelte sich, als ob er die Flamme, die in seiner Brust
emporstieg, ausloeschen, als ob er die uebermenschliche Erregung, die
jeden Nerv pulsieren machte, abstreifen koenne. Und dann drang es heiser
aus seinem Munde: "Und doch waren meine Gedanken rein, meine Absichten
die besten, meine Handlungsweise selbstlos; und doch war alles--so
falsch die Mittel sein mochten--das Ergebnis meiner unbegrenzten Hingabe
an Ihre Person. Das sagt Ihnen, Frau Graefin, Ernst Ti
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