in der aengstlichen Besorgnis, den verletzt zu haben,
dem sie so viel verdankte und der nun stumm blieb, als ob er unter die
Toten gegangen.
Sie beschloss, ihm zu schreiben und ihren Standpunkt zu verteidigen. Aber
mitten darin hielt sie wieder inne.
Was sie auch schrieb, sie konnte seine Gedanken nicht beeinflussen.
Vielleicht betrachtete er den Inhalt ihres Briefes nur als Vorwand ihrer
veraenderten Gesinnung. Und war's nicht auch begreiflich, natuerlich, dass
sich nun auch sein Stolz regte? War er einer von denen, die sich anderen
zudringlich naehern? Nein! Und da er ihr nicht mit denselben Gefuehlen
gegenueberstand--sie wusste es nun aus Tibets Munde--, hatte er ihr
Andenken vielleicht ausgeloescht--ausgeloescht fuer immer?
Und nun sollte sie das erste Wort geben, in ihm den Eindruck
hervorrufen, endlich sei sie durch Lebensnot und Sorge, gedraengt auch
von ihrer alten Natur, doch gekommen und habe erbeten, was sie einst so
schroff zurueckgewiesen? Nimmermehr! Vorbei war's mit all den Hoffnungen,
die sich an fruehere Zeiten knuepften! Es gab nur einen Lichtstrahl: das
Glueck der Kinder, und in diesem allein musste sie ihr eigenes suchen.
Somit unterblieb das Schreiben.
Aus dem schwankenden Herbst schritt allmaehlich der Winter mit
ruecksichtslosen Schritten hervor, staeubte, des Widerstandes nicht
achtend und seines Rechtes sicher, mit Schneewirbeln ueber die Landschaft
und schlug die ganze Natur in seine weissen Decken ein.
Aber mit dem Winter traten auch die Sorgen wie weisse Gespenster an Ange
heran. Als sie von ihrem Bankhause die Quartalszinsen erhielt und einen
Ueberschlag machte, was noch zu bezahlen und was noetig war, bis das neue
Jahr erschien, sah sie, dass ihr jetzt schon fast nichts mehr blieb. Ange
hatte trotz aeusserster Sparsamkeit kleine Schulden machen muessen, und die
von Tibet gemeldete erschrecklich hohe Summe, welche Teut in dem ersten
halben Jahre zu ihrem Haushalt beigesteuert hatte, ragte noch drohend
ueber dem uebrigen empor. Gerade diese zu tilgen, beschaeftigte immer aufs
neue, zulegt fast ausschliesslich Anges Gedanken. Schon machte sie sich
Vorwuerfe, dass sie nicht frueher abgezahlt hatte. Teut triumphierte
vielleicht, dass sie so eilfertig und trotzig darnach begehrt--und nun
doch alles still war.
Sie beschloss--es war ein falscher Entschluss--ihren Nachbar, einen
kleinen, mit einer Haushaelterin lebenden Kapitalisten--um eine groessere
Summe darlehnsweise zu bitten und s
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