allen Himmelsstrichen, auf allen Stufen der gesellschaftlichen
Entwicklung sieht man, dass das Volk, hat es sich einmal einen Satz der Art
zu eigen gemacht, zaeher daran festhaelt, als die Unterrichteten, die ihn
zuerst aufs Tapet gebracht. Um des Hausfriedens willen nehmen es alte
Basen der Mutter oder die _mure japoic-nei_ (Hebamme) auf sich, eines der
Kinder auf die Seite zu schaffen. Hat der Neugeborene, wenn er auch kein
Zwilling ist, irgend eine koerperliche Missbildung, so bringt ihn der Vater
auf der Stelle um. Man will nur wohlgebildete, kraeftige Kinder; denn bei
den Missbildungen hat der boese Geist *Joloquiamo* die Hand im Spiel, oder
der Vogel *Tikitiki*, der Feind des Menschengeschlechts. Zuweilen haben
auch bloss sehr schwaechliche Kinder dasselbe Loos. Fragt man einen Vater,
was aus einem seiner Soehne geworden sey, so thut er, als waere er ihm durch
einen natuerlichen Tod entrissen worden. Er verlaeugnet eine That, die er
fuer tadelnswerth, aber nicht fuer strafbar haelt. "Das arme _Mure_ (Kind)",
heisst es, "konnte nicht mit uns Schritt halten; man haette jeden Augenblick
auf es warten muessen; man hat nichts mehr von ihm gesehen, es ist nicht
dahin gekommen, wo wir geschlafen haben." Diess ist die Unschuld und
Sitteneinfalt, diess ist das gepriesene Glueck des Menschen *im Urzustand!*
Man bringt sein Kind um, um nicht wegen Zwillingen laecherlich zu werden,
um nicht langsamer wandern, um sich nicht eine kleine Entbehrung
auferlegen zu muessen.
Grausamkeiten der Art sind nun allerdings nicht so haeufig, als man glaubt;
indessen kommen sie sogar in den Missionen vor, und zwar zur Zeit, wo die
Indianer aus dem Dorfe ziehen und sich auf den _'Conucos'_ in den nahen
Waeldern aushalten. Mit Unrecht schriebe man sie der Polygamie zu, in der
die nicht catechisirten Indianer leben. Bei der Vielweiberei ist
allerdings das haeusliche Glueck und der Frieden in den Familien gefaehrdet,
aber trotz dieses Brauchs, der ja auch ein Gesetz des Islams ist, lieben
die Morgenlaender ihre Kinder zaertlich. Bei den Indianern am Orinoco kommt
der Vater nur nach Hause, um zu essen und sich in seine Haengematte zu
legen; er liebkost weder seine kleinen Kinder, noch seine Weiber, die da
sind, ihn zu bedienen. Die vaeterliche Zuneigung kommt erst dann zum
Vorschein, wenn der Sohn so weit herangewachsen ist, dass er an der Jagd,
am Fischfang und an der Arbeit in den Pflanzungen Theil nehmen kann.
Wenn nun aber auch der schaendli
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