llenden
Polstern sitzen sah. Wenn ich jetzt in der Daemmerstunde die
Rothenthurmstrasse und den Graben entlangschritt, konnte ich mir gestehen,
dass mir das Leben mehr gehalten als versprochen hatte.
Von dem alten Wien, das ich aus vergilbten Baenden von "Ueber Land und Meer"
und aus Beschreibungen Hacklaenders kannte und liebte, fand ich nicht mehr
vieles, aber ich stiess doch auf einige Kneipen, die gemuetliche Namen
trugen, und in denen man sich in die Nestroyzeit zurueckversetzt fuehlen
konnte.
Und der schoenen Stadt, die zwischen Waldhuegeln und Weinbergen gebettet
liegt, ist eine Eigenart geblieben, die ihr auch moderne Architekten nicht
nehmen koennen.
Der Premiere in Wien war die in Stuttgart vorausgegangen. Im Spaetherbste
1902 besuchte ich zum erstenmal die schwaebische Residenz, in die mich der
Staatsanwalt spaeterhin oefter als Angeklagten holte.
Ich lernte dabei _Friedrich_ und _Conrad Haussmann_ kennen und durch sie
einige andere Fuehrer der demokratischen Partei, _von Payer_, _Liesching_
u. a. Und ich trat in Beziehungen zu einem regen politischen Leben, das
fuer mich als Altbayern neu und ungewohnt war, denn bei uns drehte sich
doch viel oder alles um ausgeleierte Gegensaetze. Wenn ich es vermeide,
ueber Lebende ein Urteil abzugeben, darf ich doch von dem nachhaltigen
Eindruck sprechen, den _Friedrich Haussmann_, der vor mehr als zehn Jahren
gestorben ist, auf mich gemacht hat.
Er war der stillere von den beiden Zwillingsbruedern, die in ihrem Aeusseren
wie in ihren Meinungen, in ihrer beruflichen wie in ihrer politischen
Taetigkeit die auffaelligste Aehnlichkeit miteinander hatten.
Friedrich war minder lebhaft, und wenn sein Bruder meinen oft zu bestimmt
vorgebrachten Ansichten widersprach oder beipflichtete, hoerte er laechelnd
zu.
Meine Laufbahn vom Anwalt herueber zum Schriftsteller sprach ihn an, da er
selbst Neigung und Beruf zum literarischen Schaffen in sich fuehlte.
An der Art, wie ich ueber die Schnur zu hauen pflegte und nicht leicht
einem Dinge seine zwei Seiten liess, hatte er Vergnuegen, wenn er sie auch
nicht als die einzig richtige gelten liess. Ein gradsinniger und guetiger
Mann, hielt er sich selbst vom raschen Urteil zurueck, aber er war dabei in
seinen Ansichten unverrueckbar fest gerichtet; und gegen alles, was einer
Ueberheblichkeit und dem Willen zur Unterdrueckung aehnlich sah, konnte er
trotz der Milde seines Wesens eine Schaerfe zeigen, die jedes Paktieren
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