iesem ungefaehrlichen Frondieren. Ueberdies
glaubte man an der Spitze einer vorwaertsdraengenden Bewegung zu stehen und
tat sich was darauf zugut, Berlin als Mittelpunkt geistiger und
kuenstlerischer Bestrebungen zu preisen. Muenchen sollte seinen Rang als
Kunststadt verloren haben.
Das wurde freilich von Kritikern und Kunsthaendlern eifriger behauptet als
von den Kuenstlern, die zum groesseren Teile aus Sueddeutschland stammten,
aber auch diese gaben sich nicht ungern der Ansicht hin.
Vielleicht entschaedigte es sie fuer allerlei Unannehmlichkeiten ihres
Aufenthaltes, ueber die sie trotz allem seufzten, und die Entwicklung hat
gezeigt, dass zum Gedeihen der Kunst das Maezenatentum allein nicht genuegt,
besonders nicht eines, das so unselbstaendig und lenkbar ist wie das
Berlinische.
Auch da gab es Mode und Saisongeltung, und die Goetter von gestern wurden
gestuerzt, wenn die Goetter von heute auf den Altar gehoben wurden.
Immer war eines nicht bloss das Beste, sondern das allein Gute, und der
Herr Kommerzienrat ging willig von Manet zu Cezanne, von Cezanne zu
Picasso ueber, nach den Dogmen, die von Kunsthaendlern und Kunsthistorikern
aufgestellt wurden.
Waehrend des Krieges, und erst recht nach seinem ungluecklichen Ausgange
unter dem Eindrucke des Zusammenbruches, war viel die Rede von
Verfallserscheinungen, die verspaetete Propheten in der Weltstadt Berlin
bemerkt haben wollen; davon habe ich nichts gesehen, und auch was mir
nicht gefiel, hat in mir darum noch keine duesteren Ahnungen erregt.
Ich sah in allem nur die natuerlichen Folgen eines grossen, schnell
angehaeuften Reichtums, des Zusammenstroemens aller Kraefte des Reiches in
diese Stadt, des ungeheuren Wachstums, bei dem es zur natuerlichen
Entwicklung einer bodenstaendigen Kultur nicht kommen konnte, und obwohl es
mir in dem Treiben immer unbehaglicher wurde, uebersah ich doch nicht,
wieviel guter Wille am Werke war, und wie trotz allem in diesem rastlosen
Vorwaertsdraengen und Sichausbreiten kraeftiges Leben steckte.
In dieser Riesenstadt, in der alles wie am Schnuerchen ging, in deren
Strassen es keine Bettler gab, keine Unordnung, keine Unreinlichkeit, die
unvergleichlich besser verwaltet war als das so viel kleinere Muenchen,
konnte man eher Hochachtung vor preussischer Tuechtigkeit empfinden als
Angst vor baldigem Verfalle.
Aber was sich nachtraeglich dozieren laesst, ist, dass man sich gerade in
Berlin haette klar werden koennen, wie un
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