sah ich nicht
viel, und mancher der trefflichen Meister erinnerte mich an Gottfried
Kellers Bildhauer, der in Rom viele Jahre an einer Statue arbeitete und
immer italienischer und dolcefarnienter wurde.
Es musste sehr schwer sein, sich an sonnigen toskanischen Tagen in ein
Atelier gebannt zu sehen.
Auch wir seufzten ueber die Beitraege, die wir doch fuer die Muenchner
Redaktion zu machen hatten, und Mama Frattigiani, bei der wir wohnten,
hatte das ganz echte florentinische Mitleid mit den armen Menschen, die
arbeiten mussten. Der faulste war ihr Liebling, und diesen Rang nahm
unbestritten Rudolf Wilke ein, den man nur durch furchtbare Drohungen mit
Entziehung von Geld, Nahrung und Chianti dazu brachte, eine Zeichnung
anzufangen oder gar zu vollenden.
Fuer Thoeny war die gegenueberliegende Kaserne eines Kavallerieregimentes
eine wahre Fundgrube der Unterhaltung und Belehrung.
Was man sah, war in allem das Gegenteil vom deutschen Drill; eigentlich
geschah nie etwas, und immer schien das Wichtigste zu geschehen. Wenn ein
Heuwagen einfuhr, schmetterten die Trompeten, Soldaten liefen
durcheinander, Offiziere kommandierten, Signal auf Signal ertoente, bis
endlich der Wagen in der Remise war. Dann breitete sich wieder unendliche
Ruhe ueber dem Kasernenhofe aus.
_Carlo Boecklin_, der Sohn des Maestro Arnoldo, und _Peter Bruckmann_, sein
Schwiegersohn, bereiteten uns eines Abends ein Fest in Fiesole, wozu sie
die Liedertafel des Ortes eingeladen hatten.
Lauter Handwerker, Maurer, Schuster, Schneider, zeigten uns die Leute
soviel vornehme Hoeflichkeit, wie sie wohl in keinem anderen Lande bei
ihresgleichen anzutreffen sind. Sie sangen wundervoll und nahmen unsere
Begeisterung darueber gelassen auf, nippten nur ein wenig an dem Wein, der
ihnen vorgesetzt wurde, um uns freundlich Bescheid zu geben, und als ein
Deutscher die unvermeidliche Rede auf Buendnis, Freundschaft und Garibaldi
gehalten hatte, erwiderte ein Maurerpolier, mit edler Gebaerde aus der
Schar vortretend, mit einer Rede von Sonne und Mond, die ueber allen
Laendern schienen, und vom Gesang, der aller Menschen Herz erfreue.
Alles, was wir kennen und besser verstehen lernten, war dazu angetan, uns
Liebe zu Land und Leuten einzufloessen und in uns, als wir scheiden mussten,
den Wunsch nach baldiger Wiederkehr wachzuhalten.
Wir durften ihn auch gemeinsam erfuellt sehen, aber so froehlich haben wir
den Aufenthalt nie mehr genossen wie bei jenem ersten Mal
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