mit Langen nach Paris, wo ich zwei schoene
Fruehlingsmonate verlebte. Hier, wo jede Einzelheit zum Ganzen gehoerte, wo
zwischen allen Menschen unsichtbare und doch starke Zusammenhaenge
bestanden, begriff ich erst recht, wie erkaeltend gerade der Mangel daran
in Berlin auf mich gewirkt hatte.
Bei Langen lernte ich _Rodin_, _Carriere_, _Besnard_, _Steinlen_ und den
froehlichen Norweger _Thaulow_ kennen; die Stunden, die ich mit ihnen
verleben durfte, werden mir unvergesslich bleiben.
Besonders gern rufe ich mir einen Besuch in Rodins Atelier in Erinnerung,
und nicht bloss wegen der Kunstwerke, die ich sah, fast noch mehr wegen der
Art, wie der Meister alles zeigte und erklaerte, wie er mit einem stillen
Laecheln ueber den Enthusiasmus Langens wegsah und ruhig und verbindlich auf
das Wesentliche zurueckkam.
Ein Denkmal Victor Hugos, der dargestellt war, wie er nackt an einer
Quelle liegt und traeumend auf ihr Murmeln horcht, erregte die laute
Bewunderung Langens. Er sprach seine Empoerung darueber aus, dass die Stadt
Paris dieses Monument abgelehnt und statt seiner einen schauderhaften
Kitsch aufgestellt habe.
Rodin laechelte nur und zog die Achseln hoch.
Zu den taeglichen Gaesten in Langens Haus gehoerte der entlassene
Oberstleutnant _Picquart_, der im Dreyfus-Prozess beruehmt geworden war.
Ein stiller Mann von zurueckhaltendem Wesen und verbindlichen Manieren, der
nicht gerade typisch franzoesisch aussah; der Eindruck verstaerkte sich,
wenn er tadellos Deutsch ohne jeden Akzent, und noch mehr, wenn er
elsaessisch Duetsch sprach.
Er beobachtete viel und sprach wenig, und er war mir mit seiner
schweigsamen, nachdenklichen Art fast unheimlich; er muss, wenn er dazu
gebraucht worden ist, als Spion in Deutschland die besten Dienste
geleistet haben.
Langen sagte einmal zu ihm: "Sie haben sicher bei uns mehr gesehen, als
Sie sehen durften."
"Man sieht nie genug", antwortete Picquart ruhig.
Von der deutschen Armee sprach er immer mit grosser Hochachtung.
Als aus irgendeinem Anlasse die Rede auf 1870 kam, sagte er, man duerfe
froh sein, dass die franzoesischen Truppen nicht ueber den Rhein gekommen
seien; sie waeren nicht zu halten gewesen, denn von deutscher Zucht und
Disziplin sei bei ihnen kaum etwas zu finden gewesen.
Damals war gerade der englische General Methuen von Delarey
gefangengenommen worden, aber als man bei Tische Befriedigung ueber diesen
Erfolg der Buren aeusserte, sagte Picquart kurz u
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