des Koepfchens nur noch
ruehrender, unirdischer und lieblicher erscheinen. Ihr lichtbraunes Haar,
tief im Nacken zu einem Knoten zusammengefasst, war glatt
zurueckgestrichen, und nur in der Naehe der rechten Schlaefe fiel eine
krause, lose Locke in die Stirn, unfern der Stelle, wo ueber der markant
gezeichneten Braue ein kleines, seltsames Aederchen sich blassblau und
kraenklich in der Klarheit und Makellosigkeit dieser wie durchsichtigen
Stirn verzweigte. Dies blaue Aederchen ueber dem Auge beherrschte auf eine
beunruhigende Art das ganze feine Oval des Gesichts. Es trat sichtbarer
hervor, sobald die Frau zu sprechen begann, ja sobald sie auch nur
laechelte, und es gab alsdann dem Gesichtsausdruck etwas Angestrengtes,
ja selbst Bedraengtes, was unbestimmte Befuerchtungen erweckte. Dennoch
sprach sie und laechelte. Sie sprach freimuetig und freundlich mit ihrer
leicht verschleierten Stimme, und sie laechelte mit ihren Augen, die ein
wenig muehsam blickten, ja hie und da eine kleine Neigung zum
_Verschiessen_ zeigten, und deren Winkel, zu beiden Seiten der schmalen
Nasenwurzel, in tiefem Schatten lagen, sowie mit ihrem schoenen, breiten
Munde, der blass war und dennoch zu leuchten schien, vielleicht, weil
seine Lippen so ueberaus scharf und deutlich umrissen wa-ren. Manchmal
huestelte sie. Hierbei fuehrte sie ihr Taschentuch zum Munde und
betrachtete es alsdann.
"Huestle nicht, Gabriele", sagte Herr Kloeterjahn. "Du weisst, dass Doktor
Hinzpeter zu Hause es dir extra verboten hat, darling, und es ist bloss,
dass man sich zusammennimmt, mein Engel. Es ist, wie gesagt, die
Luftroehre", wiederholte er. "Ich glaubte wahrhaftig, es waere die Lunge,
als es losging, und kriegte, weiss Gott, einen Schreck. Aber es ist nicht
die Lunge, nee, Deubel noch mal, auf so was lassen wir uns nicht ein,
was, Gabriele? hoe, hoe!"
"Zweifelsohne", sagte Doktor Leander und funkelte sie mit seinen
Brillenglaesern an.
Hierauf verlangte Herr Kloeterjahn Kaffee -- Kaffee und Buttersemmeln, und
er hatte eine anschauliche Art, den K-Laut ganz hinten im Schlunde zu
bilden und "Bottersemmeln" zu sagen, dass jedermann Appetit bekommen
musste.
Er bekam, was er wuenschte, bekam auch Zimmer fuer sich und seine Gattin,
und man richtete sich ein.
Uebrigens uebernahm Doktor Leander selbst die Behandlung, ohne Doktor
Mueller fuer den Fall in Anspruch zu nehmen.
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Die Persoenlichkeit der neuen Patientin erregte ungewoehnliches Aufsehen
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