euen Avenue Thiers,
oberhalb der Stadt, in zwanzig Minuten erreicht. Die Agaven und Palmen des
Gartens rahmen da die alte Stadt in wirksamer Weise ein; sie verdecken die
unschoenen neuen Gebaeude und zeigen nur die eckigen alten Thuerme und
Haeuser, die sich ueber und durch einander an den Abhang draengen.
Das, was uns nach Grasse gefuehrt hatte, war aber auch nicht die Hoffnung,
die zuvor empfangenen Natureindruecke zu steigern, vielmehr der Wunsch,
einen Einblick in die hier bluehende Parfuemherstellung zu gewinnen. Seit
mehr als hundertundfuenfzig Jahren ist Grasse in dieser Richtung beruehmt,
und selbst weiter noch reichen seine Erfolge auf diesem Gebiete zurueck.
Man zeigt uns das Haus, in welchem ein Sieur Tombarelli aus Florenz schon
in der zweiten Haelfte des sechzehnten Jahrhunderts ein Laboratorium fuer
Parfuemerien eingerichtet hatte. Heute ist Grasse zu einem der Hauptorte
europaeischer Parfuemfabrikation geworden. Es stellt aber nicht die fertigen
Parfuems her, so wie sie schliesslich als sogenannte "Bouquets" zur
Verwendung kommen, sondern die ersten Erzeugnisse fuer dieselben. Aus
diesen einfachen Bestandtheilen mischen die eigentlichen Parfuemisten erst
jene verschiedenen Bouquets zusammen, wie sie eben die Mode vorschreibt
oder der Geschmack der Zeit verlangt. Grasse entnimmt seine Wohlgerueche
fast ausschliesslich dem Pflanzenreich. Thatsaechlich sind auch die meisten
natuerlichen Parfuems pflanzlichen Ursprungs, nur Moschus, Ambra, Bibergeil
und Zibeth entstammen dem Thierreich. Neuerdings beginnt jedoch die
chemische Industrie wirksam in das Parfuemgeschaeft einzugreifen, indem sie
die wohlriechenden Stoffe in chemisch reinem Zustande darstellt. Im
Besonderen ist es gelungen, das Cumarin, jenen Stoff, der den Geruch des
frischen Heues bestimmt, aus Salicylaldehyd zu erzeugen. Das Verfahren ist
ziemlich umstaendlich, der aromatisch riechende Koerper, den man in
farblosen, glaenzenden Krystallen erhaelt, aber durchaus uebereinstimmend mit
demjenigen, den die Tonkabohnen, die Samen des Tonkabaumes (_Dipterix
odorata_) von Guyana und auch die Stengel der _Liatris odoratissima_,
einer in Florida wachsenden Composite, die zum Parfuemiren des Tabaks und
der Cigarren benutzt wird, enthalten. Mit etwa zwanzig Gramm kuenstlichen
Cumarins erreicht man heute in der Parfuemerie ebenso viel, wie mit einem
Kilogramm Tonkabohnen. Ebenso verhaelt es sich mit dem natuerlichen
Wintergruenoel, das aus dem nordamerikanisc
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