kann, als es die Kunstrichter Wort haben wollen. Er hat keine Einheit des
Orts beobachtet: mag er doch. Er hat alles Uebliche aus den Augen gesetzt:
immerhin. Sein Demokrit sieht dem wahren Demokrit in keinem Stuecke
aehnlich; sein Athen ist ein ganz anders Athen, als wir kennen: nun wohl,
so streiche man Demokrit und Athen aus und setze bloss erdichtete Namen
dafuer. Regnard hat es gewiss so gut als ein anderer gewusst, dass um Athen
keine Wueste und keine Tiger und Baere waren; dass es, zu der Zeit des
Demokrits, keinen Koenig hatte usw. Aber er hat das alles itzt nicht
wissen wollen; seine Absicht war, die Sitten seines Landes unter fremden
Namen zu schildern. Diese Schilderung ist das Hauptwerk des komischen
Dichters, und nicht die historische Wahrheit.
Andere Fehler moechten schwerer zu entschuldigen sein; der Mangel des
Interesse, die kahle Verwickelung, die Menge muessiger Personen, das
abgeschmackte Geschwaetz des Demokrits, nicht deswegen nur abgeschmackt,
weil es der Idee widerspricht, die wir von dem Demokrit haben, sondern
weil es Unsinn in jedes andern Munde sein wuerde, der Dichter moechte ihn
genannt haben, wie er wolle. Aber was uebersieht man nicht bei der guten
Laune, in die uns Strabo und Thaler setzen? Der Charakter des Strabo ist
gleichwohl schwer zu bestimmen; man weiss nicht, was man aus ihm machen
soll; er aendert seinen Ton gegen jeden, mit dem er spricht; bald ist er
ein feiner witziger Spoetter, bald ein plumper Spassmacher, bald ein
zaertlicher Schulfuchs, bald ein unverschaemter Stutzer. Seine Erkennung
mit der Kleanthis ist ungemein komisch, aber unnatuerlich. Die Art, mit
der Mademoiselle Beauval und La Thorilliere diese Szenen zuerst spielten,
hat sich von einem Akteur zum andern, von einer Aktrice zur andern
fortgepflanzt. Es sind die unanstaendigsten Grimassen, aber da sie durch
die Ueberlieferung bei Franzosen und Deutschen geheiliget sind, so koemmt
es niemanden ein, etwas daran zu aendern, und ich will mich wohl hueten, zu
sagen, dass man sie eigentlich kaum in dem niedrigsten Possenspiele dulden
sollte. Der beste, drolligste und ausgefuehrteste Charakter ist der
Charakter des Thalers; ein wahrer Bauer, schalkisch und geradezu; voller
boshafter Schnurren; und der, von der poetischen Seite betrachtet, nichts
weniger als episodisch, sondern zur Aufloesung des Knoten ebenso
schicklich als unentbehrlich ist.[1]
----Fussnote
[1] "Histoire du Theatre Francais", T. XIV. p. 164.
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