nebenan wollte sie nie wieder betreten, nie mehr sehen.
Ihm wollte sie nicht gehoeren.
Aber wuerde er denn schweigen? Darueber war sie beruhigt. Auf dem Gebiet
lagen seine Schwaechen nicht, sonst haette sie wohl irgend etwas erfahren.
Aber dass ein einziger Mensch existieren sollte, der--! Sie weinte vor
ohnmaechtigem Zorn. Das wuerde ihren Lebensmut zerstoeren. Das wuerde wie
ein Alp auf ihr liegen. Gerade wenn sie sich am hoechsten fuehlte.
Sehen wollte sie ihn! Ihm sagen, wofuer sie ihn gehalten habe,--und wer
er sei. Zu wem sie habe hineingehen wollen,--und zu wem sie
hineingekommen sei. Er sollte nicht triumphieren koennen. Aber dazu musste
sie sein Leben kennen. Wen konnte sie fragen, wer kannte sich darin
aus?----
Als sie am naechsten Morgen aufwachte, war sie sich klarer. Einmal
darueber, wie sie sich volle Gewissheit ueber Joergen verschaffen konnte;
das musste gelegentlich geschehen, so dass keiner etwas merkte. Ebenso war
sie sich klar, dass der Bruch mit ihm und die Begegnung, die den Bruch
vorbereitete, hingehalten werden musste--vor allem um der beiden Alten
willen. Das zweite und viel wichtigere war: ihr eigenes Leben wieder
aufzubauen, aus dieser schwuelen Luft herauszukommen, die sie ins
Verderben gefuehrt hatte. Da gab es nur einen Weg: ihre Arbeit
aufzunehmen, sich brauchbar dafuer zu machen und aus den Resultaten neuen
Mut zu schoepfen.
Arbeit und Pflichttreue! Sie stuetzte sich auf die Ellbogen, als wolle
sie die Aufrichtung in ihrem Innern versinnbildlichen, und stand im
naechsten Augenblick auf den Fuessen, um sich fertig zu machen.--
Die fuenfzigtausend Kronen, die ihr Vater also neulich Onkel Klaus
gegeben, und die sie in den Buechern nicht gefunden hatte,--deuteten die
nicht darauf hin, dass ihr Vater noch einen Fonds in Amerika hatte--ausser
dem bruederlichen Geschaeft? Dass die Zinsen, die er nicht aufgebraucht
hatte, dort in Aktien angelegt waren? Da kuerzlich 50 000 Kronen frei und
hierhergeschickt waren?
Seit Joergen ihr vorgestern von den 50 000 Kronen erzaehlt hatte, hatten
die ihr in all den aendern Geschichten keine Ruhe mehr gelassen. Sie
musste die amerikanische Korrespondenz des Vaters pruefen; darin wuerde es
stehen. Aber sie fand keine solche Korrespondenz,--bis sie eine Truhe
oeffnete, die unten in dem Buecherregal stand, zu dem der Schluessel in
seinem Portemonnaie lag. Sie kannte die Truhe von ihren Reisen her; aber
sie hatte nie gewusst, was sie enthielt. Hier
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