ieen, in denen die Antike auf eine
humorvolle und realistische Weise wiedergeboren zu sein scheint; die
Plastik der Renaissance in vollendeten Abguessen; nackte Bronzeleiber
und zerbrechliche Zierglaeser; irdene Vasen von steilem Stil, die
aus Baedern von Metalldaempfen in einem schillernden Farbenmantel
hervorgegangen sind; Prachtbaende, Triumphe der neuen
Ausstattungskunst, Werke modischer Lyriker, gehuellt in einen
dekorativen und vornehmen Prunk; dazwischen die Portraets von
Kuenstlern, Musikern, Philosophen, Schauspielern, Dichtern, der
Volksneugier nach Persoenlichem ausgehaengt... In dem ersten Fenster,
der anstossenden Buchhandlung zunaechst, steht auf einer Staffelei
ein grosses Bild, vor dem die Menge sich staut: eine wertvolle, in
rotbraunem Tone ausgefuehrte Photographie in breitem, altgoldenem
Rahmen, ein aufsehenerregendes Stueck, eine Nachbildung des Clous der
grossen internationalen Ausstellung des Jahres, zu deren Besuch an
den Litfasssaeulen, zwischen Konzertprospekten und kuenstlerisch
ausgestatteten Empfehlungen von Toilettenmitteln, archaisierende und
wirksame Plakate einladen.
Blick um dich, sich in die Fenster der Buchlaeden. Deinen Augen
begegnen Titel wie 'Die Wohnungskunst seit der Renaissance',
'Die Erziehung des Farbensinnes', 'Die Renaissance im modernen
Kunstgewerbe', 'Das Buch als Kunstwerk', 'Die dekorative Kunst',
'Der Hunger nach Kunst'--und du musst wissen, dass diese Weckschriften
tausendfach gekauft und gelesen werden, und dass abends ueber
ebendieselben Gegenstaende vor vollen Saelen geredet wird...
Hast du Glueck, so begegnet dir eine der beruehmten Frauen in Person,
die man durch das Medium der Kunst zu schauen gewohnt ist, eine jener
reichen und schoenen Damen von kuenstlich hergestelltem tizianischen
Blond und im Brillantenschmuck, deren betoerenden Zuegen durch die Hand
eines genialen Portraetisten die Ewigkeit zuteil geworden ist, und von
deren Liebesleben die Stadt spricht--Koeniginnen der Kuenstlerfeste im
Karneval, ein wenig geschminkt, ein wenig gemalt, voll einer edlen
Pikanterie, gefallsuechtig und anbetungswuerdig. Und sieh, dort faehrt
ein grosser Maler mit seiner Geliebten in einem Wagen die Ludwigstrasse
hinauf. Man zeigt sich das Gefaehrt, man bleibt stehen und blickt den
beiden nach. Viele Leute gruessen. Und es fehlt nicht viel, dass die
Schutzleute Front machen.
Die Kunst blueht, die Kunst ist an der Herrschaft, die Kunst streckt
ihr rosenumwundenes Zepter
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