der Nasenwurzel stark sich
verdichtenden Brauen, die er emporzog, blickten seine Augen mit einem
befremdeten, stumpfen und kuehl erstaunten Ausdruck auf jedes Ding eine
Weile. So erreichte er das erste Fenster, dasjenige, unter dem das
aufsehenerregende Bild sich befand, blickte eine Zeitlang den vor ihm
sich draengenden Leuten ueber die Schultern und gelangte endlich nach
vorn, dicht an die Auslage heran.
Die grosse, roetlichbraune Photographie stand, mit aeusserstem Geschmack
in Altgold gerahmt, auf einer Staffelei inmitten des Fensterraumes.
Es war eine Madonna, eine durchaus modern empfundene, von jeder
Konvention freie Arbeit. Die Gestalt der heiligen Gebaererin war von
berueckender Weiblichkeit, entbloesst und schoen. Ihre grossen, schwuelen
Augen waren dunkel umraendert, und ihre delikat und seltsam laechelnden
Lippen standen halb geoeffnet. Ihre schmalen, ein wenig nervoes und
krampfhaft gruppierten Finger umfassten die Huefte des Kindes, eines
nackten Knaben von distinguierter und fast primitiver Schlankheit,
der mit ihrer Brust spielte und dabei seine Augen mit einem klugen
Seitenblick auf den Beschauer gerichtet hielt.
Zwei andere Juenglinge standen neben Hieronymus und unterhielten sich
ueber das Bild, zwei junge Maenner mit Buechern unter dem Arm, die
sie aus der Staatsbibliothek geholt hatten oder dorthin brachten,
humanistisch gebildete Leute, beschlagen in Kunst und Wissenschaft.
"Der Kleine hat es gut, hol' mich der Teufel!" sagte der eine.
"Und augenscheinlich hat er die Absicht, einen neidisch zu machen",
versetzte der andere... "Ein bedenkliches Weib!"
"Ein Weib zum Rasendwerden! Man wird ein wenig irre am Dogma von der
unbefleckten Empfaengnis..."
"Ja, ja, sie macht einen ziemlich beruehrten Eindruck... Hast du das
Original gesehen?"
"Selbstverstaendlich. Ich war ganz angegriffen. Sie wirkt in der Farbe
noch weit aphrodisischer... besonders die Augen."
"Die Aehnlichkeit ist eigentlich doch ausgesprochen."
"Wieso?"
"Kennst du nicht das Modell? Er hat doch seine kleine Putzmacherin
dazu benuetzt. Es ist beinahe Portraet, nur stark ins Gebiet des
Korrupten hinaufstilisiert... Die Kleine ist harmloser."
"Das hoffe ich. Das Leben waere allzu anstrengend, wenn es viele gaebe,
wie diese mater amata..."
"Die Pinakothek hat es angekauft."
"Wahrhaftig? Sieh da! Sie wusste wohl uebrigens, was sie tat. Die
Behandlung des Fleisches und der Linienfluss des Gewandes ist wirklich
emin
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