senkten Hauptes und ohne nach rechts oder links zu
blicken, ueberschritt er die Ludwigstrasse und stieg die Stufen der
Kirche hinan.
Die grossen Fluegel der Mitteltuer standen weit geoeffnet. In der
geweihten Daemmerung, kuehl, dumpfig und mit Opferrauch geschwaengert,
war irgendwo fern ein schwaches, roetliches Gluehen bemerkbar. Ein altes
Weib mit blutigen Augen erhob sich von einer Betbank und schleppte
sich an Kruecken zwischen den Saeulen hindurch. Sonst war die Kirche
leer.
Hieronymus benetzte sich Stirn und Brust am Becken, beugte das Knie
vor dem Hochaltar und blieb dann im Mittelschiffe stehen. War es
nicht, als sei seine Gestalt gewachsen, hier drinnen? Aufrecht und
unbeweglich, mit frei erhobenem Haupte stand er da, seine grosse,
gehoeckerte Nase schien mit einem herrischen Ausdruck ueber den starken
Lippen hervorzuspringen, und seine Augen waren nicht mehr zu Boden
gerichtet, sondern blickten kuehn und geradeswegs ins Weite, zu dem
Kruzifix auf dem Hochaltar hinueber. So verharrte er reglos eine
Weile; dann beugte er zuruecktretend aufs neue das Knie und verliess die
Kirche.
Er schritt die Ludwigstrasse hinauf, langsam und fest, gesenkten
Hauptes, inmitten des breiten, ungepflasterten Fahrdammes, entgegen
der gewaltigen Loggia mit ihren Statuen. Aber auf dem Odeonsplatze
angelangt, blickte er auf, so dass sich Querfalten auf seiner kantigen
Stirne bildeten, und hemmte seine Schritte: aufmerksam gemacht durch
die Menschenansammlung vor den Auslagen der grossen Kunsthandlung, des
weitlaeufigen Schoenheitsgeschaeftes von M. Bluethenzweig.
Die Leute gingen von Fenster zu Fenster, zeigten sich die
ausgestellten Schaetze und tauschten ihre Meinungen aus, indes einer
ueber des anderen Schulter blickte. Hieronymus mischte sich unter sie
und begann auch seinerseits alle diese Dinge zu betrachten, alles in
Augenschein zu nehmen, Stueck fuer Stueck.
Er sah die Nachbildungen von Meisterwerken aus allen Galerieen
der Erde, die kostbaren Rahmen in ihrer simplen Bizarrerie, die
Renaissanceplastik, die Bronzeleiber und Zierglaeser, die schillernden
Vasen, den Buchschmuck und die Portraets der Kuenstler, Musiker,
Philosophen, Schauspieler, Dichter, sah alles an und wandte an jeden
Gegenstand einen Augenblick. Indem er seinen Mantel von innen mit
beiden Haenden fest zusammenhielt, drehte er seinen von der Kapuze
bedeckten Kopf in kleinen, kurzen Wendungen von einer Sache zur
naechsten, und unter seinen dunklen, an
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