dass Erskine ein zu
guenstiges Urtheil faellte; jedenfalls aber stehen die Fidschiinsulaner
sehr viel hoeher als die Polynesier in dieser Beziehung und moegen wohl
erst durch den fortwaehrenden Verkehr mit den Fremden zu dieser
Zuegellosigkeit gesteigert sein.
Am schlimmsten muessen wir ueber die eigentlichen Polynesier urtheilen,
unter denen Trunk und Wollust schon vor den Europaeern aufs aergste
gehaust haben. Aus der Wurzel vom Piper methysticum, dem Kavapfeffer,
bereitete man, indem sie (an den meisten Orten von alten Weibern) gekaut
und dann ausgespieen wurde, durch Aufguss von Wasser ein eigenthuemliches
Getraenk, dem alle Polynesier sehr zugethan waren. Es berauscht nicht
eigentlich, da es die Besinnung nicht raubt, aber, indem Gang und Zunge
schwer werden, versetzt es den Geist in einen aehnlichen Zustand, wie das
Opium; auch wolluestige Traeume u. dergl. sollen seinem Genuss folgen, der
oft wiederholt allgemeine Schwaeche, Zittern, geistige Stumpfheit,
Abmagerung und schliesslich scheussliche Hautkrankheiten hervorbringt,
Geschwuere, welche aufbrechen und arge Narben zuruecklassen. Aber gerade
diese Narben galten als Ehrenzeichen (Hale 43). Namentlich auf Tahiti
und auf Hawaii war der Kavatrank beliebt; grosse Kavafeste auf Tonga
beschreibt Mariner, auf Fidschi d'Urville b 4, 207 und Hale 63. Dagegen
trank man ihn auf Neuseeland, obwohl man ihn kannte, nicht. Auch in
Mikronesien, wo indess die Wurzel zerrieben, nicht gekaut wurde, war der
Kavatrank sehr beliebt und sehr verbreitet (Hale 83: Gulick 417). Was
jedoch die schaedlichen Einwirkungen dieses in der That hoechst
gefaehrlichen Trankes sehr milderte, war der Umstand, dass er ein
heiliges Getraenk war. Freilich durfte er daher bei keiner irgend wie
bedeutenderen Gelegenheit fehlen; aber nur die Fuersten waren es, die ihn
trinken durften, nie das Volk, und auch die Fuersten nur bei und unter
bestimmten Feierlichkeiten (Hale 43, fuer Mikronesien Novara 1, 371). So
hat denn auch der Schade, den dieser Genuss hervorrief, fast nur die
Fuersten und den Adel getroffen. Gegen den Branntwein (Rum u.s.w.) hatten
alle Polynesier einen grossen Widerwillen (Novara 2, 337 fuer
Mikronesien), und wenn er trotzdem in Tahiti und Hawaii so verderbliche
Wirkungen hervorgerufen hat, so muss man bedenken, wie er zu Tahiti von
den Franzosen, zu Hawaii von diesen sowie den amerikanischen und
europaeischen Kaufleuten unter heftigem Widerstreben der Missionaere und
gegen den Will
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