nen, was auch
andern Kindern Herzeleid macht; er soll ueberdies in einer Sprache
buchstabiren und lesen lernen, die er nicht kennt, die nicht mit ihm
aufgewachsen ist, deren Toene er nicht beim Spiel, nicht von seiner
Mutter, seinem Vater, seinen kleinen und grossen Freunden zu hoeren
gewohnt war. Alles was er von diesem Augenblick an liest, lernt, hoert in
der Schule und unter den Augen des Lehrers, klingt ihm gelehrt, fremd,
vornehm und tausend Meilen von seinem Dorf entfernt. Dass der rothe Hahn
in seiner Fibel _kraeht_ und der lebendige in seinem Hause _krait_,
scheint ihm sehr sonderbar. In der Bibel nennen sich alle Leute _du_,
der Unterlehrer sagt zum Oberlehrer _sie_, er aber ist gewohnt, bloss
seine Kameraden zu dutzen, Vater, Mutter und andere Erwachsene mit _he_
und _se_ anzureden. Kommt an ihn die Reihe zu lesen, laut zu lesen, so
nimmt er die Woerter auf die Zunge und stoesst sie heraus wie die Scheiben
einer Frucht, die er nicht essen mag, weil er sie nicht kennt. Was er
auswendig lernt, lernt er nicht einwendig. Was ihm allenfalls noch
Vergnuegen macht, ist der gemeinschaftliche Gesang am Schluss der Schule
und auf Kirchbaenken. Von Natur mit einer hellen durchdringenden Stimme
begabt, wetteifert er mit dem Chor um die hoechsten Noten, betaeubt seinen
Kopf und findet eine Art Vergnuegen und Erholung darin, dieselben Verse
des Gesangbuches bloss herauszuschreien, die er zu anderer Zeit auswendig
lernen muss.
Erreicht er das gesetzliche Alter, so wird er konfirmirt. Wer ist froher
als er. Nun tritt er voellig wieder in das plattdeutsche Element zurueck,
dem er als Kind entrissen wurde. Er hat die ersten Forderungen des
Staates und der Kirche erfuellt. Er hat seinen Taufschein durch seinen
Confirmationsschein eingeloes't. Ersteren bekam er ohne seinen Willen zum
Geschenk, um letzteren musste er sich, auch wider seinen Willen, redlich
abplacken.
Auf beide Scheine kann er spaeter heiraten und Staatsbuerger werden.
Was ist die Frucht dieses Unterrichts? Er hat rechnen, lesen und
schreiben gelernt. Er kann auch lesen und schreiben, aber er lies't und
schreibt nicht. (Umgekehrt der franzoesische Bauer, der kann nicht lesen,
aber er laesst sich vorlesen). Ich frage also, was ist die Frucht dieses
hochdeutschen Unterrichts? Welchen Einfluss uebt derselbe auf sein
Geschaeft, auf seine Stellung als Familienvater, Staatsbuerger, Glied der
Kirche, der sichtbaren, wie der unsichtbaren?
Folgen wir ihm, wenn er au
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