Fremdes gegenueber steht;
_ohne schaedlichen Einfluss und gleichsam indifferent fuer Geist und
Bildung_ zeigte sich die plattdeutsche Sprache, da, wo sie der
hochdeutschen nicht als Fremde gegenueber steht, sondern schwesterlich
zur Seite geht.
Allein, ich fuerchte, _indifferent_ ist ein Ausdruck, der hier schon aus
allgemeinen psychologischen Gruenden unstatthaft erscheint. Zwei Sprachen
auf der Zunge sind zwei Seelen im Leibe. Ist die eine Sprache die
geliebtere, die Herzenssprache, so ist die andere, fuer welche Zwecke sie
auch aufgespahrt wird, um ihren schoensten Anteil am Menschen zu kurz
gekommen. Sie raecht sich, indem sie das nicht zurueckgiebt, was sie nicht
empfaengt, sie schliesst ihre innerste Weihe nicht auf und laesst sich wol
als aeusseres Werkzeug mit grosser Kunst und Kuenstelei, aber nicht als
zweites Ich mit Liebe und Freiheit gebrauchen.
Der hochdeutschen Sprache verdankt jeder Niedersachse sein veredeltes
Selbst, ihr der aus dem Volk geborne Redner, Dichter, Schriftsteller
sein Alles und Ruf und Namen im Kauf. Kann er ihr sein Herz dafuer nicht
zurueckschenken, kann er sie nicht zur Sprache seiner haeuslichen Freuden
und Leiden machen, muss sie verstummen, sobald er gemuethlich wird, so
steht sein gebildetes und veredeltes Selbst im geheimen Kontrast zu
seinem intimen Selbst und es wird sich daher auch an seiner Bildung, an
seinen Gedichten, Reden, Schriften diese Einseitigkeit, dieser
Widerspruch offenbaren und nachweisen muessen.
Menzel hat's bekanntlich an Johann Heinrich Voss unternommen. Die Stelle
in Menzels Literatur, die Voss betrift, ist bitter, frivol, einseitig,
aber sie ist bedeutend und hat dieselbe nachwirkende Sensation
hervorgebracht, wie das Urtheil ueber Goethe, das freilich noch
einseitiger ausgefallen ist und sich selbst _a la_ Pustkuchen laecherlich
machte. Als ich Menzels Worte zum erstenmal las, fuehlt ich mich empoert.
Zeig dich nur erst als so einen _niedersaechsischen Bauer_, wie du den
Voss zum Spotte nennst, rief ich im Zorn aus; allein ich musste mir einen
Augenblick darauf selbst sagen, dass diese Anmuthung an einen
Sueddeutschen weder billig noch selbst einladend genug klang und dass doch
zugleich eben in meinem Ausrufe eine Art von halbem Zugestaendnisse lag.
Wirklich hatte ich schon immer eine Ansicht ueber Voss als Dichter und
Uebersetzer gehegt, die bei aller Achtung Vor dessen grossen,
zweifellosen Verdiensten, durchaus nicht nach uebertriebener,
philologis
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