nden werden zu
lassen, sorgenvoll spaehende Blicke in die Vergangenheit werfen, um auch
nur einen Zipfel, einen Saum von der Schleppe der alten Guten oder guten
Alten zu erhaschen. Man gebe nur Acht, wie listig sie sich dabei
benehmen. Sie lassen ihr nie unmittelbar ins Gesicht sehen, sie sagen
nicht, nun kommt sie, oder da ist sie; im Gegentheil wimmeln die Blaetter
ihrer Geschichte nicht selten eben vorher von klaeglichen Zustaenden,
Schwaechen, Lastern und Erbaermlichkeiten der menschlichen Natur, wenn sie
dem Abschluss einer auserwaehlten, kleinen, glaenzenden Periode sich
naehern; dann aber, wenn der Vorhang faellt, die grellen Farben sich
schwaechen, die boesen Beispiele nicht mehr so lebhaft der Idee von guten
Sitten entgegenarbeiten, wenn das Bild der Zeit abzieht, dann zeigen sie
auf ihren bordirten Saum und rufen dem Zuschauer wehmuethig zu, da geht
sie, da geht sie hin die gute alte Zeit und nun werden die jungen Zeiten
anwachsen, ihre Kinder, die sind aber sehr ausgeartet und werden alte
Zeit schlechter. Das man die Geschichte der Sitten von einem ganz andern
Standpunkt und mehr im Grossen der Welterscheinungen betrachten muss, das
ahnen die guten Leute nicht.
Fuer jeden Einzelnen ist es freilich immer eine Sache der Pietaet und ein
wohlthuendes Gefuehl, sich seine Vorfahren als durchgaengig honette Leute
vorzustellen. Der dunkele Buergerliche oder Baeuerliche kann dieser
Vorstellung wenigstens ohne grossen geschichtlichen Anstoss und
Widerspruch nachhaengen, er hat hierin einen Vortheil vor den
beruehmtesten Adelsfamilien voraus. So ist in hochdeutschen buergerlichen
Familien die Vorstellung vom Grossvater, Urgrossvater als altdeutschen
Degenknopf die herschende und die liebste. Schwaecher und allgemeiner
bezeichnet sind die _epitheta ornanti_ fuer baeuerliche Vorfahren,
Degenknoepfe kann man sie schicklicherweise nicht nennen und der
Bauerwitz ist bis jetzt noch nicht auf den Einfall gekommen, etwa die
Ausdruecke von alten deutschen Piken, Sensen oder Messerscheiden auf sie
anzuwenden. Ueberhaupt ist zu bemerken, dass das Wort deutsch nur
hochdeutsch ist, und im originalen plattdeutsch des gemeinen Lebens
nicht vorkommt, eben so wenig, wie die frueherhin angefuehrten Woerter
Bildung und Verfassung, so dass die Redensart "das gebildete und
verfassungsmaessige Deutschland" in plattdeutscher Sprache noch weniger
als eine Redensart und gar nichts ist.
Nach dieser vorlaeufigen Verstaendigung waere zunaechst
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