tsche Sprache Haus- und
Familiensprache in Tausenden von Beamtenfamilien, Lieblingssprache auf
allen norddeutschen Universitaeten ist. Diese Sprache also, die ich als
Schranke alles Strebens und Lebens, als Feindin der Bildung betrachte,
ist dieses so wenig in den Augen vieler meiner Landsleute, dass sie den
vertrautesten Umgang mit ihr pflegen, dass sie ihr, der von Kanzel und
Lehrstuhl und aus guter Gesellschaft laengst Vertriebenen, eine
Freistaete am Heerde ihres Hauses gewaehren.
Hier im Schooss der Familien erscheint sie als Exponentin der innigsten
Verhaeltnisse. In Scherz und Ernst fuehrt sie oft das Wort, sie ist
Vertraute der Gattenliebe, Organ der Kindererziehung, Sprache des
Herzens, Lehrmeisterin der Sitte und praktischer Lebensklugheit. Hier
hat sie auch meistens ihre Rohheiten abgelegt, kehrt die beste Seite
heraus und scheint sich, gleichsam durch ihr Unglueck gebessert, des
Vertrauens wuerdig zu machen.
Kommt hinzu, dass ihre Schutzherrn nicht selten Maenner von Talent, Geist
und Namen sind. Beruehmte Lebende koennte ich anfuehren, ich begnuege mich
den seligen Johann Heinrich Voss zu nennen, der nicht allein in Eutin,
sondern noch in Heidelberg bis an seinen Tod mit Frau, Familie und
norddeutschen Gaesten am liebsten und oeftersten plattdeutsch sprach.
Das sind Thatsachen. Wie gleiche ich sie aus mit der Behauptung, die
plattdeutsche Sprache sei Feindin der Bildung, des Ideenwechsels, der
geistigen Lebendigkeit; jetzt, da ich selbst nicht umhin konnte, Maenner
von Geist und Talent, von Gelehrsamkeit, rastloser Thaetigkeit, Maenner
wie Voss als plattdeutsche zu bezeichnen?
Freilich, ich koennte den nachteiligen Einfluss der plattdeutschen Sprache
eben nur auf das Volk und die Volksbildung beschraenken. Ich koennte mich
etwa, um dem _gebildeten Plattdeutschen_ allen Anstoss aus dem Wege zu
raeumen, folgendermassen darueber ausdruecken: _absolut dem Geiste lethal_
ist das Plattdeutsche nur, wo hochdeutsch, sanskrit und boehmische Doerfer
gleich bekannt sind, wie hie und da in Pommern und Meklenburg; was denn
von den groessten Freunden des Plattdeutschen zugegeben werden muesste, da
gar nicht zu laeugnen, dass an sich und fuer sich dasselbe nichts Lebendes
und Bewegendes enthalte, sondern Todt und Stillstand selber sei;
_geistig hemmend und laehmend_ bleibt aber das Plattdeutsche immer noch
aus der Stufe der Gesellschaft, wo ihm zwar das Hochdeutsche
verstaendlich naeher getreten, aber noch als ein
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