en Grenzen? Erwartete sie ein Anverwandter,
ein Freund bei Ankunft des Zuges? War es nicht vielmehr wahrscheinlich,
dass sie sich nach Verlassen des Waggons in der Stadt ebenso vereinsamt
befinden werde, wie in diesem Coupe, wo sich, ihrer Ansicht nach, keine
Seele um sie kuemmerte?
Das Auftreten, welches man sich in der Vereinsamung anzugewoehnen pflegt,
zeigte sich zu deutlich in dem Wesen der jungen Reisenden. Die Art und
Weise, wie sie in das Coupe einstieg und sich fuer die Fahrt einrichtete,
das Vermeiden jeder Belaestigung Anderer, welches an eine gewisse
Schuechternheit grenzte, Alles zeigte ihre Gewohnheit, allein zu sein und
nur auf sich selbst zu rechnen.
Michael Strogoff beobachtete sie mit zurueckhaltendem Interesse und suchte
nicht einmal ein Gespraech anzuknuepfen, wiewohl die Fahrt bis
Nishny-Nowgorod noch mehrere Stunden dauerte.
Nur einmal, als der Nachbar des jungen Maedchens, - jener Kaufmann, welcher
so unvorsichtig Oele und Shawls durch einander warf, - im Einschlafen
seine Nachbarin mit dem grossen, auf den Schultern hin und her taumelnden
Kopfe zu belaestigen drohte, weckte er diesen etwas barsch auf und gab ihm
zu verstehen, dass er gerade sitzen und sich etwas ruecksichtsvoller
betragen solle.
Der Kaufmann, von etwas grobem Schrot und Korn, knurrte einige Worte "von
Leuten, die sich in Sachen mischen, welche ihnen nichts angehen"; Michael
Strogoff warf ihm aber einen so viel versprechenden Blick zu, dass der
Schlaftrunkene sich nach der andern Seite neigte und die junge Reisende
von seiner unliebsamen Nachbarschaft befreite.
Diese richtete das Auge einen Moment auf den jungen Mann mit einem Blicke,
der ihm einen stummen, bescheidenen Dank ausdrueckte.
Es sollte aber noch ein Umstand eintreten, der Michael Strogoff den
Charakter des jungen Maedchens noch klarer erkennen liess.
Etwa zwoelf Werst vor Nishny-Nowgorod erhielt der Zug bei einer sehr kurzen
Curve des Geleises einen sehr heftigen Stoss. Dann lief er noch eine Minute
neben der Boeschung eines Dammes hin.
Ein tuechtiges Schuetteln der Passagiere, Geschrei, Verwirrung, allgemeine
Unordnung in den Waggons bezeichneten die ersten Folgen des Unfalls. Man
konnte wohl noch ein schweres Unglueck befuerchten. Noch bevor der Zug zum
Stehen kam, sprangen schon die Waggonthueren auf, die entsetzten Reisenden
suchten ihr Heil in der Flucht und stuerzten aus den Coupes.
Michael Strogoff dachte zunaechst an seine Nachbarin; doch waeh
|